Freitag, 30. November 1945

"Aufruf 'Hilfe in großer Not' an die Bevölkerung durch Gemeindebeirat Karl Britsch zu einer Geldsammlung am 8. und 9. Dezember für die Notleidenden im Stadtkreis.

In den Amtlichen Bekanntmachungen erscheint 'Ein sachliches deutliches Wort' von OB Emil Beutinger zur Entnazifizierung in der Stadtverwaltung: 'Jeder will heute nur einfacher Parteigenosse gewesen sein, aber wären nicht alle dazu gegangen, so wäre die Partei nicht so groß geworden und hätte nicht so unheilvoll wirken können. Nun soll ich jedem bescheinigen, er sei kein Nazist gewesen. Ich kann es nicht, oder nur in den wenigsten Fällen. ... Bis jetzt wurden bei der Säuberungsaktion durch die amerikanische Militär-Regierung 209 Beamte und Angestellte der Stadt entlassen. ... Ich kann nur wenigen aus ehrlicher Überzeugung helfen, obwohl die Schwierigkeiten in der Aufrechterhaltung der Verwaltung außerordentlich groß sind; teilweise sogar unüberwindlich.'

In der Bottwarbahnstraße steht immer noch ein Panzerwagen, zu dessen Entfernung bis jetzt die technischen Möglichkeiten fehlen.

Der durch den Kohlenmangel notwendig gewordene außerordentliche Brennholzeinschlag beschäftigt im gesamten Heilbronner Arbeitsamtbezirk zur Zeit rund 200 Arbeitskräfte.

Weil die Arbeitsplätze der technischen und kaufmännischen Angestellten in den zerstörten Industrie- und Handelsunternehmungen ausgefallen sind, gibt es ein Überangebot in diesem Bereich. Zwar sind die Einsatzfähigen aus diesen Berufen schon in großer Zahl den Aufräumungsarbeiten zugewiesen worden, aber ein Großteil ist zu den Aufbauarbeiten nicht verwendungsfähig.

Alle Firmen, die nach der Besetzung Warenlieferungen aus der britischen Zone erhalten oder dorthin getätigt haben, fordert die Industrie- und Handelskammer zur Meldung hierüber auf.

Trotz des Waren- und Materialmangels blühen die Tausch- oder sogenannten Kupplungsgeschäfte. Man erhält vielfach keine Ware, wenn man keine andere anzubieten hat: Geld ist nicht gefragt.

Der Chefarzt der Inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses Heilbronn in Weinsberg (Weißenhof), Dr. Richard Kühn (früher Gundelsheim), zeigt seine Sprechstunden an, die er im Weißenhof hält.

Bei Stürmen und Regenfällen in den letzten Wochen stürzten vielfach Häuserruinen ein. OB Beutinger ermahnt deshalb die Bevölkerung zur Vorsicht vor den Einsturz- und Steinschlaggefahren in den Straßen.

Seit kurzem tauchen in der Stadt Anschläge und 'Gedichte', die von Hand zu Hand gehen, auf, die geeignet erscheinen, Unruhe und Erbitterung gegen die Besatzungsmacht und die neuen Männer in den Behörden auszulösen. OB Beutinger weist darauf hin, daß sich die an solchen 'Machwerken' Beteiligten strafbar machen.

Die von der hiesigen NSDAP aus dem Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs im Hafenmarktturm entfernten Namen der jüdischen Mitbürger werden einer Anordnung der amerikanischen Militärregierung zufolge in nächster Zeit wieder in die Gedenktafel eingefügt werden."

 

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