Else Josenhans geb. Meyer (1896–1945)

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Die am 5. August 1896 in Heilbronn geborene Else Josenhans kam aus einem gutbürgerlichen Elternhaus. Ihr Vater Max Meyer (geb. 16. Oktober 1854) stammte aus Gronau an der Leine im Landkreis Hildesheim. Seit 27. September 1887 war er württembergischer Staatsbürger, am 1. Dezember desselben Jahres wurde er ins Heilbronner Bürgerrecht aufgenommen. Am 18. Oktober 1887 hatte er in Heilbronn Johanna Mainzer geheiratet, die am 1. November 1867 in Neckarsulm zur Welt gekommen war. Ihr Vater August Mainzer war dort Rechtskonsulent; im Juni 1868 zog die Familie Mainzer nach Heilbronn.

Kaufmann Max Meyer hatte 1886 (oder 1887) eine Privatbank gegründet. 1899 trat der Bruder Hermann Meyer in die Geschäftsleitung ein. Die Max-Meyer-Bank OHG hatte ihren Sitz im Haus Kaiserstraße 1–3. Die Familie, die der liberalen jüdischen Gemeinde angehörte, wohnte bis zum Frühsommer 1906 in der Friedenstraße 39 zur Miete. Danach zog sie in eine Mietwohnung in die Moltkestraße 24 um, wo Else Meyer bis zu ihrer Verheiratung lebte.

Elses Mutter Johanna starb am 7. April 1906; Vater Max starb am 26. November 1916. Die Eltern sind auf dem Israelitischen Friedhof Im Breitenloch bestattet.

Else Meyers älterer Bruder Emil (geb. 1. April 1889) wurde Rechtsanwalt; zeitweise führte er seine Kanzlei gemeinsam mit den Rechtsanwaltskollegen Dr. Paul Röser und Dr. Ernst Nietzer. Seit 15. August 1916 war er mit Margot Krayn verheiratet, die beiden bekamen 1917 Tochter Johanna und 1920 Sohn Max Alfred. Von Dr. Emil Meyer ist überliefert, dass er schon früh den Nationalsozialisten Paroli bot. Am 1. September 1933 wurde ihm seine Zulassung als Rechtsanwalt aberkannt; im Juni 1939 wanderte er nach Großbritannien aus und im April 1940 in die USA, wo er als Textilvertreter arbeitete. Er starb am 2. Februar 1961 in Los Angeles.

Im Juli 1932 kam es zum Konkurs der Max-Meyer-Bank, seit 1919 mit Hermann Meyer, Elses Onkel, als alleinigem Inhaber. Dessen Sohn Walter, der als Prokurist eingesetzt war, hatte rund 230.000 RM veruntreut. Die Hauptverhandlung im sogenannten Max-Meyer-Bank-Prozess fand am 19. Juli 1933 vor der Großen Strafkammer des Heilbronner Landgerichts statt und wurde von der NS-Presse für antisemitische Schlagzeilen und Kommentare ausgeschlachtet.

1912 schloss sich die 16-jährige Else Meyer der von Elly Heuss-Knapp hier in Heilbronn gegründeten „Jugendgruppe für soziale Hilfsarbeit“ an. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs half sie bei der Versorgung und Pflege von verwundeten Soldaten mit. Während ihres Lazarettdienstes lernte sie den elf Jahre älteren evangelischen Postsekretär und Oberleutnant Wilhelm Josenhans aus Leonberg kennen. Die beiden heirateten am 14. Januar 1917 standesamtlich in Heilbronn. 

Nach dem Krieg zog das junge Ehepaar in eine Wohnung in der Karlstraße 28. Die beiden bekamen zwei Kinder: Annemarie, geboren am 28. April 1918 und Liselotte, geboren am 13. April 1920. Laut der heute in der Schweiz lebenden Enkelin war Else Josenhans eine liebenswürdige, selbstbewusste und temperamentvolle Frau.

1922 zog die Familie aus beruflichen Gründen von Wilhelm Josenhans nach Stuttgart um. Wohl zu jener Zeit trat Else Josenhans vom jüdischen zum evangelischen Glauben über. 1933 konnte ein eigenes Einfamilienhaus im Carlos-Grethe-Weg 4 in der damals neuen Kochenhofsiedlung bezogen werden.

Wilhelm Josenhans verlor 1937 wegen seiner nun als „Jüdin“ ausgegrenzten Frau seine Arbeit als Verwaltungsoberinspektor; er versuchte, mit der Herstellung und dem Vertrieb von Werbegeschenken Geld zu verdienen. 

Ende Januar 1945 erhielt Else Josenhans den Bescheid zur Deportation in ein Vernichtungslager „im Osten“. Eine befreundete Ärztin brach ihr daraufhin ein Bein, damit Else Josenhans als „transportunfähig“ ins Robert-Bosch-Krankenhaus eingewiesen werden konnte.

Am 24. März bot sich für die Familie die vermeintliche Möglichkeit zur Flucht in die Schweiz – was sich jedoch als Falle erwies. Else und Wilhelm Josenhans sowie die beiden Töchter wurden in das Stuttgarter Gestapo-Gefängnis im Hotel Silber gebracht.

Hier wurde Else Josenhans in der Nacht vom 10. zum 11. April 1945 – als die alliierten Truppen auf dem Vormarsch auf Stuttgart waren – auf Befehl des Stuttgarter Gestapochefs Mußgay von SS-Hauptscharführer Anton Dehm erhängt. Else Josenhans wurde nur 49 Jahre alt. 

Wilhelm, Liselotte und Annemarie Josenhans überlebten die NS-Zeit. Wilhelm starb jedoch bereits am 26. Dezember 1946. 

In Stuttgart erinnert seit April 2013 ein Stolperstein an Else Josenhans; eine Gasse in unmittelbarer Nähe des nun als „Lern- und Gedenkort“ dienenden ehemaligen Hotels Silber trägt seit September 2017 den Namen Else-Josenhans-Straße.