Gastarbeiter kommen nach Heilbronn
vorgestellt von Ulrich Maier
Wirtschaftswunder und "ausländische Arbeitskräfte"
Die erste Phase der Geschichte der Gastarbeiter begann 1955 mit einem Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und Italien. Die deutschen Arbeitsämter warben in dieser Phase über Vermittlungsagenturen ("Deutsche Kommissionen") in den Anwerbeländern Arbeitskräfte an. Die Initiative ging dabei von den Arbeitgebern aus, die im aufkommenden Wirtschaftswunder ein gesteigertes Interesse an Arbeitskräften auch aus dem Ausland hatten.
Als die 1957 unterzeichneten und 1958 in Kraft getretenen Römischen Verträge Gastarbeitern aus der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft die freie Wahl des Wohn- und Arbeitsortes einräumten, erleichterte dies die Aufnahme von Gastarbeitern in Deutschland. 1959 berichtete die Heilbronner Stimme über die "Fremdarbeiter" im Stadt- und Landkreis Heilbronn, die vorwiegend im Baugewerbe und in der Landwirtschaft eingesetzt waren. Für den Verfasser des Artikels stand fest, dass es sich um saisonale Arbeitskräfte handelte, die bald wieder in ihre Heimat zurückfahren würden.
Der Begriff "Gastarbeiter"
Bis 1960 wurde häufig der Begriff "Fremdarbeiter" verwendet, der noch aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs bekannt war, als Zwangsarbeiter unter dieser Bezeichnung in der deutschen Wirtschaft eingesetzt waren. Nach 1960 setzte sich allmählich der Begriff "Gastarbeiter" durch. Aber noch 1968 titelte die Heilbronner Stimme: "Die Zahl der Fremdarbeiter steigt" (HSt 4.9.1968, Nr. 204, S. 12; Stadtarchiv Heilbronn B 1398, Zeitgeschichtliche Sammlung, "Gastarbeiter”). Heute hat sich die Bezeichnung "Bürger mit Migrationshintergrund" inzwischen längst durchgesetzt. In der Forschung wird jedoch der Begriff "Gastarbeiter" für die Arbeitsmigranten der ersten Generation weiter verwendet, wenn die Sechziger und Siebziger Jahre im Mittelpunkt stehen.
Didaktischer Schwerpunkt
Der Unterrichtsbaustein "Gastarbeiter kommen nach Heilbronn" beleuchtet die Zeit zwischen den Jahren 1959 und 1970, als die Zahl der Gastarbeiter steil anstieg und in der deutschen Öffentlichkeit deutlich wurde, dass die Gastarbeiter nicht kurzfristig zur Saisonarbeit kamen, sondern ihre Familien nachzogen und blieben. Daraus ergaben sich Fragen der Integration, die hier vor allem am Beispiel des Unterrichts für Kinder aus Gastarbeiterfamilien verdeutlicht werden sollen. Ein weiterer Schwerpunkt soll darauf gelegt werden, wie die Gastarbeiter der ersten Generation im Rückblick ihre Eindrücke und Erfahrungen von ihrem Leben im Stadt- und Landkreis Heilbronn empfanden und wie Presse und Kommunalpolitiker auf die neue Situation reagierten. Heute besuchen die Enkel oder bereits schon die Urenkel der Gastarbeiter der Sechziger und Siebziger Jahre Schulen im Stadt- und Landkreis Heilbronn und es erscheint sinnvoll und notwendig, im Geschichtsunterricht und in den entsprechenden Fächerverbünden auf ihre Familiengeschichte einzugehen. Die Integration von Mitbürgern mit Migrationshintergrund ist heute ein Desiderat erster Ordnung. Dazu soll dieser Unterrichtsbaustein beitragen. Die "Zeitgeschichtliche Sammlung" im Stadtarchiv Heilbronn, das sich heute als "Haus der Stadtgeschichte" definiert, bietet dazu wertvolles, anschauliches und für den Unterricht leicht zugängliches Material.