Auswanderer 1817
Nach langen Kriegsjahren gegen Frankreich und Napoleon mit Truppendurchzügen, Einquartierungen und Kontributionen folgte 1816 das "Jahr ohne Sommer". Als Folge des Ausbruchs des indonesischen Vulkans Tambora 1815 kam es in Mitteleuropa zu dramatischen Missernten, zu Hunger und Not. In Heilbronn waren vor allem die Weingärtner betroffen.
Viele Menschen suchten ihr Heil in der Auswanderung, vor allem nach Nordamerika. Aber auch Südosteuropa und Südamerika waren Ziele der Auswanderer. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts gab es immer wieder Auswanderungswellen, so etwa 1852/53. Erst nach 1870 war die rasch wachsende Industrie in der Lage, den Menschen eine Perspektive innerhalb des Landes zu geben.
Im Mai 1817 sammelten sich in Heilbronn Auswanderungswillige aus der Umgegend, um von hier aus die Reise nach Amerika anzutreten. Der württembergische Beamte Friedrich List wurde vom König hierher geschickt, um sie nach den Gründen für ihre Auswanderung zu befragen. Ihre Berichte geben ein eindrückliches Bild der Notlage im Umland von Heilbronn.
Die Auswanderer, die 1817 von Heilbronn aus aufbrachen, waren keine abenteuerlustigen Menschen. Sie nahmen die Strapazen der weiten, langen und gefährlichen Reise aus wirtschaftlicher Not auf sich.
Heilbronn entwickelte sich zum zentralen Ausgangspunkt für die Auswanderer im Südwesten, durch die günstige Verkehrslage der Stadt am Neckar und durch mehrere Auswanderungsagenturen, die ihren Sitz in der Stadt hatten. Die Auswanderer benötigten für eine legale Ausreise einen Pass und eine Ausreiseerlaubnis. Sie mussten ihre Schulden tilgen oder einen Bürgen dafür finden.
Bis 1816/17 konnten die Kosten der Passagen oft im Zielland abgearbeitet werden. Mit der Auswandererwelle änderte sich dies jedoch grundlegend – die Schiffseigner und Kapitäne forderten nun die Bezahlung vor der Reise, was den meist mittellosen Auswanderern unmöglich war. In manchen Fällen sprang hier die Wohngemeinde ein, um ihre Armen loszuwerden.