Das Heilbronner Rathaus
Der Vorgängerbau des heutigen Rathauses entstand um 1300 am Kieselmarkt. Es handelte sich dabei vermutlich um ein nach Osten ausgerichtetes Steinhaus mit Bürgersaal und Schreibstuben in zwei Obergeschossen sowie einem gewölbten Keller. Auf das Jahr 1417 wird eine erste Vergrößerung des Rathauses datiert. Hinweise darauf fanden sich bei der Renovierung des Gebäudes am Ende des letzten Jahrhunderts sowie während des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Sichtbare Zeugnisse dieser Zeit sind heute noch größere und kleinere gotische Spitzbögen in der Ostseite des alten Rathauses.
Im Jahr 1579 wurde das Rathaus ein weiteres Mal vergrößert. Auch die Renaissancefassade datiert in diese Zeit. Baumeister war Hans Kurz. Zusammen mit der Freitreppe des Adam Wagner und der astronomischen Kunstuhr des Isaak Habrecht ist das Rathaus so neben der Kilianskirche zu einem Wahrzeichen Heilbronns geworden.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts setzte eine rege Bautätigkeit ein. Von 1590-1593 wurde zunächst ein langgezogener Anbau an der Rückseite des Rathauses erstellt. Seine endgültige äußere Form erhielt das Rathaus durch zwei weitere Anbauten. 1593-1596 wurde, wiederum nach Plänen von Hans Kurz, an der östlichen Seite die sogenannte „neue Kanzlei" angebaut.
Unmittelbar daran anschließend erbaute man 1600, ebenfalls nach Plänen von Kurz, das „Syndikatshaus". Mit zum alten Rathaus-Ensemble zu zählen ist der 1765/1766 erstellte Rokokobau des Archivs von Johann Christoph Keller. Eine letzte Renovierung des Rathauses in seiner alten Form wurde 1899–1904 vorgenommen.
Am 4. Dezember 1944 wurde die gesamte Innenstadt und somit auch das Rathaus zerstört. Beim Wiederaufbau wurde bis 1953 nur die Fassade des Hauptbaus mit der Kunstuhr wieder im alten Baustil aufgebaut. Die Anbauten wurden dem Zeitgeschmack entsprechend gestaltet, die Fassade der Archivruine umgibt nun die Ehrenhalle für die Opfer des Zweiten Weltkrieges. Der moderne Erweiterungsbau des Rathauses geht auf einen Entwurf von Architekt Dr. Rudolf Gabel zurück. Im Jahr 1954 setzte sich dieser Entwurf bei einem Wettbewerb durch, die Einweihung des Bauwerkes fand 1962 statt.
Die Kunstuhr
Die Rathausuhr besteht aus einer astronomischen Uhr (unten), einer Zeituhr (in der Mitte) und einer Mondphasenuhr (oben). Unten werden die Tage, Wochen und Monate (Tierkreiszeichen) angezeigt. In der Mitte kann die Uhrzeit (Minuten, Viertelstunden, Stunden) abgelesen werden, wobei der große Zeiger die Stunden anzeigt. Oben werden die Mondphasen angezeigt.
Mit dem Uhrwerk verbunden sind bewegliche Figuren. Zwei Engel drehen sich jeweils kurz vor dem Stundenschlag. Der rechte Engel bläst Posaune, der linke zählt mit einem Zepter die Glockenschläge und dreht eine Sanduhr. Unter der Stundenanzeige befinden sich zwei Widder, die stündlich mit den Köpfen zusammenstoßen. Unter den Widdern ist eine Hahnenfigur montiert, die jeweils zur vierten, achten und zwölften Stunde kräht und die Flügel bewegt. Über der Mondphasenuhr sind zwei Putten angebracht, von denen eine viertelstündlich die Glocke anschlägt.
Die Uhr wurde 1579 und 1580 von Isaak Habrecht und seinem Gesellen Hans Müller gebaut. Von Habrecht stammen auch die berühmten astronomischen Uhren im Straßburger Münster und am Ulmer Rathaus.
Die Höhe der Uhr beträgt ohne den Glockenaufsatz insgesamt 10,50 m; das oberste Zifferblatt hat einen Durchmesser von 155 cm, das mittlere von 320 cm und das unterste von 345 cm. Das ursprünglich eingebaute Uhrwerk wurde wohl spätestens bei einer großen Restaurierung im Jahr 1896 durch ein Werk der Firma Hörz ersetzt. Über den Bau und die genaue Funktionsweise des Uhrwerks von Habrecht ist leider nichts überliefert.
Vor allem der Hahnenschrei und der Posaunenklang haben manche Rätsel aufgegeben und auch in der Neuzeit immer wieder technische Neuerungen veranlasst – sie werden jetzt elektroakkustisch erzeugt. Die heutige Uhr ist ein Nachbau aus dem Jahr des Wiederaufbaus 1953. Das Werk stammt wiederum von der Firma Hörz in Ulm und tut bis heute seinen Dienst.
Am 5. August 2003 krähte der Hahn kurz vor 13 Uhr ohne Unterlass und wurde bis zur Behebung des Defekts (ein Schutzschalter hatte wohl hitzebedingt ausgelöst) stillgelegt.
Der Ratskeller
Den Ratskeller als gastronomische Einrichtung gibt es erst seit 1897. In früheren Zeiten wurden die Kellerräume des Rathauses als Lager- und Kaufhalle für Waren aller Art verwendet.
Die künstlerische Gestaltung der Kapitelle im heutigen Ratskeller führte der Bildhauer Hans Pfeiffer im Jahr 1952 aus. An der südlichen Säule sind stadtgeschichtliche Motive, an der nördlichen Säule Sprichwörter wiedergegeben. Die Darstellungen an der Westseite des Saales stellen verschiedene Aspekte der Lebensfreude dar, die Motive der Ostseite versinnbildlichen die menschlichen Temperamente.