Bauernkrieg und Reformation
vorgestellt von Herbert Kohl
Didaktischer Kommentar
Die Reformation gehört zu den schwierigsten Themen des Geschichtsunterrichts. Es handelt sich dabei um einen äußerst komplexen Vorgang, der nicht nur Schülern Schwierigkeiten bereitet.
Ein Thema wie dieses stellt den Geschichtslehrer vor die Aufgabe, seine zumeist von modernen und säkularen Vorstellungen und Werten geprägten Schülerinnen und Schüler mit einer für sie weitgehend fremden Gedankenwelt zu konfrontieren.
Theologische, mentalitätsgeschichtliche und politische Aspekte verbinden sich zu einem vielschichtigen und zuweilen widersprüchlichen Geschehen. Es geht hier also einmal mehr um das von der Fachdidaktik als Problem und Ziel des Geschichtsunterrichts formulierte Fremdverstehen. Hinzu kommt, dass die Reformation einen Prozess darstellt, der sich über Jahrzehnte hinzieht und keineswegs geradlinig verläuft. Dies gilt in besonderem Maße für Reichsstädte wie Heilbronn.
Hier artikuliert sich die beharrende Kraft des alten Glaubens deutlicher als in den landesfürstlichen Territorien. In Städten wie Augsburg und Biberach gibt es im Glaubensstreit keinen klaren Sieger und es kommt zu einem Nebeneinander der beiden Konfessionen. Auch Rückschläge wie das Augsburger Interim werden in den Reichsstädten aufgrund der kleinräumigen Strukturen deutlicher spürbar. In einigen wenigen Reichsstädten wie Rottweil oder Gmünd kann sich die reformatorische Bewegung nicht durchsetzen. Das von der Geschichtsdidaktik als Historizität bezeichnete Prinzip der Prozesshaftigkeit des Historischen zeigt an diesem Thema also in ganz besonderem Maße.
Ein solcher Anspruch lässt sich im Geschichtsunterricht der Sekundarstufe I allerdings nur sehr bedingt umsetzen. Doch bietet gerade die Lokalgeschichte Möglichkeiten, komplexe Entwicklungen wie die Reformation auf anschauliche Weise zu vermitteln.
Dies gilt ganz besonders für den Bauernkrieg, dessen Verlauf im Heilbronner Raum geradezu exemplarischen Charakter hat. Als parallel zur Reformation verlaufendes Ereignis fordert er nicht nur Luther, sondern auch Reformatoren wie Lachmann zu Stellungnahmen heraus. Dieses Thema bereitet Schülern aufgrund seiner Überschaubarkeit und Ereignisdichte im Allgemeinen weniger Schwierigkeiten als die Reformation. Zudem eignet sich dieses Thema für einen multiperspektivisch angelegten Zugriff.
Dieser Weg wurde im hier vorgeschlagenen Modell gewählt. Die von ganz unterschiedlichen Interessen geleiteten Akteure kommen darin zu Wort. Auf diese Weise wird der Konfliktcharakter des Geschehens deutlich, doch gleichzeitig auch die quer durch die Lager verlaufenden Konfliktlinien.
Methodische Hinweise
Das Postulat der Quellenarbeit stößt bei einem komplexen und schwierigen Thema wie der Reformation schnell an seine Grenzen. Exemplarische Quellen wie die Zwölf Artikel für den Bauernkrieg existieren hier nicht. Quellentexte können allenfalls Ausschnitte der reformationsgeschichtlichen Entwicklung wiedergeben.
Grundlegende Fragen wie die nach den vorreformatorischen Verhältnissen und dem Glaubensverständnis Martin Luthers werden im Unterricht in der Regel über Sachtexte erschlossen. Textquellen, auch solche zur Ortsgeschichte, haben bei diesem Thema meist eine ergänzende Funktion.
So sollen auch die hier vorgelegten Texte Teilaspekte des Themas verdeutlichen, zum einen das Nebeneinander des alten und des neuen Glaubens in der kirchlichen Praxis der Übergangszeit und zum andern die Abschaffung des katholischen Glaubens als förmlichen Rechtsakt, verordnet und ausgeführt von weltlicher Obrigkeit. Ein zu diesen Texten passendes Tafelbild ist den Materialien beigegeben.
Die Texte zum Bauernkrieg lassen sich auf unterschiedliche Weise einsetzen. Möglich wäre ein Rollenspiel, in dem die verschiedenen Seiten ihre Interessen und Ziele vortragen. Genauso gut lassen sich die Texte für ein Gruppenpuzzle verwenden mit anschließender Folienpräsentation oder Plakaterstellung. Auch herkömmlicher Gruppenunterricht wäre möglich.
Empfohlen wird dazu eine Doppelstunde, da es einer Hinführung bedarf, in der die Ausgangssituation geklärt wird, sowie eines Fazits, das Ergebnisse und Folgen des Bauernkriegs festhält. Auf Arbeitsanweisungen zu den Materialien wurde verzichtet, was den individuellen Einsatz der Texte erleichtern soll.
Die Bluttat von Weinsberg, die dem Anliegen der Bauern eine verhängnisvolle Wende gab, lässt sich über einen Auszug aus der Heroltschen Chronik erarbeiten. Eine zweite Quelle illustriert das weitere Vorgehen der Bauern nach den Weinsberger Ereignissen. Eine ausführliche Zeittafel bietet einen Überblick zum Thema Bauernkrieg im Heilbronner Raum.