Eberhard Gmelin (1751–1808)

Zurück

Eberhard Gmelin, der aus einer bedeutenden württembergischen Gelehrtenfamilie stammt, kam am 1. Mai 1751 in Tübingen zur Weit. Er besuchte dort die Lateinschule und studierte von 1764–1768/69 an der Tübinger Universität Medizin. Weitere Studien in Leiden und Wien vertieften sein Wissen.

Nach Stationen in Feldkirch, Urach und Freudenstadt kam Gmelin im Oktober 1778 als Stadtarzt nach Heilbronn, wo er sich um das Gesundheitswesen sehr verdient gemacht hat. So geht die Bildung der Sanitätsdeputation auf ihn zurück, die unter anderem eine Armenarzneimittelliste aufstellte und für alle Ärzte und (geschworenen) Chirurgen regelmäßig anatomische Übungen abhielt. Gmelin sorgte dafür, dass die Heilbronner Hebammen die damals modernsten Entbindungsstühle erhielten, und gegen alle Widerstände organisierte er die Einführung der Kuhpockenimpfung. Die Universität Tübingen hätte ihn gerne als Professor gewonnen und er war Ehrenmitglied mehrerer medizinischer Gesellschaften.

1803 legte er sein Amt als Stadt- bzw. Oberamtsarzt nieder, privat praktizierte er jedoch weiter. Nach langer Krankheit starb er am 3. März 1808. Er war seit 1772 mit Sophie Henriette, geb. Hartmann verheiratet gewesen, die der Stadt Heilbronn eine Stiftung zur Unterstützung verarmter Familien hinterließ.

Eberhard Gmelin war ein fortschrittlich denkender, einfühlsamer Arzt, der zum Wohl seiner Patienten auch ungewöhnliche Wege ging. So kam er dazu, als einer der ersten bei herkömmlich nicht therapierbaren Fällen den auf Franz Anton Mesmer zurückgehenden tierischen (d.h. auf lebendiger Kraft beruhenden) Magnetismus anzuwenden. Seine von 1787 bis 1793 veröffentlichten Berichte über die Anwendung und Wirkung dieses nicht unumstrittenen Heilungskonzeptes machten Gmelin schnell bekannt und er galt bald als einer der besten "Magnetiseurs" seiner Zeit.

Eberhard Gmelin setzte den tierischen Magnetismus jedoch nicht nur ein, um Schmerzen zu lindern und körperliche oder seelische Leiden zu kurieren, wobei er stets betonte, dass er kein Allheilmittel sei. Seine Beobachtungen nutzte er auch, um innerhalb der damals aktuellen "Experimental-Seelenlehre" zu forschen. Er erkannte dabei unter anderem die Bedeutung des Unbewussten für unser Handeln. Der Heilbronner Arzt wird deshalb heute zu den Wegbereitern der dynamischen Psychiatrie und Psychoanalyse gezählt.

Gmelins Werk, das auf Erfahrung und wissenschaftlich-analytischem Verstand beruhte, wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder entdeckt, und zwar von jenen romantischen Literaten, Medizinern und Naturphilosophen, die durch den Mesmerismus einen unmittelbaren Zugang zur "Seele" finden wollten. Durch das in magnetischen Schlaf versetzte Medium hofften sie auch, mit dem Jenseits und der Geisterwelt Verbindung aufzunehmen zu können. Justinus Kerner, der als Kind von Gmelin behandelt und von ihm nachhaltig beeindruckt worden war, ist ein Beispiel dafür, dass der tierische Magnetismus später auch ins Spiritistische, Okkulte abgleiten konnte. Dies entspricht jedoch nicht den ursprünglichen Zielsetzungen dieser Heilmethode, die im rationalen Geist der Aufklärung ihre Wurzeln hat.