Übergreifende Gruppenarbeit: Eisenbahn im Kleinäulein

Texte und Materialien für die Gruppenarbeit

Industriebezirk Heilbronn.
Der Plan wurde 1952 angefertigt und zeigt den Verlauf der Gleise und die wichtigsten Anschließer.

Anschließer an die Heilbronner Industriebahn (Beispiele):

  • November 1891: Fa. J. Weipert und Söhne (Salzstraße 45-47)
  • Juli 1899: Fa. Brüggemann (Salzstraße 129)
  • Juli 1899: Gaswerk Heilbronn (Untere Dammstraße 2)
  • Juni 1904: Gelatinefabrik Koepff (Salzstraße 67)
  • 1907: Fa. Karl Gültig (Weipertstraße 29)
  • Januar 1908: Karosserie Drauz (Weipertstraße 17-19)
  • 1909: Lederfabrik Victor (Weipertstraße 40)
  • 1911: Fa. Ferdinand C. Weipert (Weipertstraße 8-30)
  • November 1891: Fa. J. Weipert und Söhne (Salzstraße 45-47)
  • Juli 1899: Fa. Brüggemann (Salzstraße 129)
  • Juli 1899: Gaswerk Heilbronn (Untere Dammstraße 2)
  • Juni 1904: Gelatinefabrik Koepff (Salzstraße 67)
  • 1907: Fa. Karl Gültig (Weipertstraße 29)
  • Januar 1908: Karosserie Drauz (Weipertstraße 17-19)
  • 1909: Lederfabrik Victor (Weipertstraße 40)
  • 1911: Fa. Ferdinand C. Weipert (Weipertstraße 8-30)

Quelle: Roland Rösch, Die Heilbronner Industriebahn im Kleinäulein und im Hafen. Stadtarchiv Heilbronn 2007, S. 41-50

Fertigstellung der Stammgleise

  • Stammgleis 1: 1890
  • Stammgleis 2: 1899
  • Stammgleis 3: 1921
  • Stammgleis 4: 1924

Zusammengestellt nach:
Roland Rösch, Die Heilbronner Industriebahn im Kleinäulein und im Hafen. Stadtarchiv Heilbronn 2007

 

Werkkzeugmaschinenfabrik und Eisengießerei Ferdinand C. Weipert (Weipertstraße 8 - 30)

Im Jahr 1869 hatte der von Reutlingen stammende Johann Michael Weipert (1822-1904) eine kurz zuvor dort gegründete Maschinenfabrik nach Heilbronn verlegt. Ab 1874 firmierte er mit J. Weipert & Söhne (s. dort). 1895 wurde der noch in Reutlingen geborene Sohn Ferdinand Carl (1867-1949) Teilhaber des Unternehmens. Er begann 1897 mit dem Werkzeugmaschinenbau, für den er eine "Marktlücke" erkannt hatte.

Im Jahr 1911 schied dieser Weipert-Sohn aus der Firma wieder aus und gründete seinen eigenen Betrieb, deran das väterliche Werk (an der Weipertstraße) angrenzte. Er firmierte als Ferdinand C. Weipert. Vom Vater hatte er den Werkzeugmaschinenbau geschlossen übernommen. Bald darauf fügte er der Werkzeugmaschinenfabrik eine Eisengießerei (Grauguss) hinzu, wodurch er unabhängig wurde von Zulieferbetrieben. Später folgte auch der Modellbau (Schreinerei).

Schon 1914 zählte das Unternehmen 246 Mitarbeiter. 1925 rief Ferdinand Weipert mit noch anderen Firmen zusammen eine Exportgemeinschaft ins Leben, die sich rasch bewährte. Im Dritten Reich gehörte die Firma Weipert, deren Belegschaft sich kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges auf 500 Mitarbeiter bezifferte, zu den "Rüstungs-Betrieben". Dann erlitten die Produktionsanlagen bei dem Luftangriff am 4. Dezember 1944 erhebliche Schäden.

Der Wiederaufbau erfolgte sofort nach Kriegsende, danach eine Erneuerung und Modernisierung des Maschinenparks.
Erstmals im Jahr 1972 erwirtschaftete die Firma Ferdinand C. Weipert, zuletzt Kommanditgesellschaft, einen Verlust.

1974 wurde das gerichtliche Vergleichsverfahren beantragt mit dem Ziel der Liquidation, nach Ablehnung das Anschlusskonkursverfahren eröffnet. Rund 460 Arbeitsplätze gingen verloren, Grundstücke, Gebäude "in bester Verkehrslage" mussten mangels anderer Nachfrage unter Wert veräußert, die Maschinen versteigert werden.

Gefertigt wurden von der Firma Weipert vor allem Präzisionsdrehbänke, die in zahlreiche europäische Länder und nach Übersee exportiert wurden und wegen ihrer äußerst qualitätvollen Ausführung sich eines hervorragenden Rufes erfreuten. "Wenn die Stadt Heilbronn", so wurde einmal geschrieben, "in allen Ländern der Erde als potentieller Industrieplatz bekannt geworden ist, so hat sie das auch den Weipert-Drehbänken mit zu verdanken."

Quelle: Christhard Schrenk, Hubert Weckbach: „… für ihre Rechnung und Gefahr“ Rechnungen und Briefköpfe Heilbronner Firmen. Heilbronn 1994, S. 122

 

Brüggemann

1868: Louis Brüggemann gründet in der Heilbronner Holzstraße eine Fabrik zur Vergärung von Melasse und zum Brennen von Alkohol (="Sprit").

1900: Erweiterung der Produktionsanlagen und Umzug der Firma in die Salzstraße in Heilbronn. Walter Brüggemann, der Sohn des Firmengründers, übernimmt die Geschäftsleitung.

1922: Umwandlung der Brennerei in eine Feindestillation. Beginn einer engen Zusammenarbeit mit der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BfB) in Offenbach.

1926: Beginn der Herstellung chemischer Produkte (Reduktionsmittel) wie z.B. Brügolit für die Textilindustrie.

1928: Hermann Brüggemann, Enkel des Firmengründers, tritt in das Unternehmen ein.

1944: Am 4. Dezember wird das Werk beim Bombenangriff auf Heilbronn weitgehend zerstört.

1950: Nach raschem Wiederaufbau erfolgt eine schrittweise Vergrößerung des Werkes bei einer stetigen Erhöhung der Produktionskapazität. Die Produktpalette der Reduktionsmittel wird erweitert, Zinkoxide und -carbonate werden produziert.

1970: Beginn der Herstellung von Polyamid-Additiven.

1978: Ludwig Brüggemann übernimmt in der 4. Generation die Leitung des Familienunternehmens. Unter seiner Regie wird eine umfassende Modernisierung aller Produktionsanlagen durchgeführt und ein Prozessleitsystem aufgebaut

1990: Eröffnung einer Vertriebsniederlassung in den USA (Philadelphia, Pennsylvania).

1992: Ausweitung des Betriebsgeländes, begleitet von zahlreichen Bau- und Umbaumaßnahmen. Produkte für die Umwelt gewinnen zunehmend an Bedeutung, z.B. Reduktionsmittel für die Entgiftung schwermetallhaltiger Abwässer, Additive für das Recycling von Kunststoffen.

1997: Fertigstellung des neuen Verwaltungsgebäudes und des neuen Gebäudes für die Produktion von Kunststoffadditiven.

1999: Abschluss der Entwicklung des neuen formaldehydfreien Reduktionsmittels Brüggolit FF6 zur Sortimentsergänzung der bestehenden Reduktionsmittelpalette.

2000: Joint Venture mit Royal Nedalco B.V., Niederlande, für den Bereich Alkohol.

2001: Bündelung der Aktivitäten auf dem asiatischen Markt in Shanghai, China.

2003: Übernahme des RIM Nylon Geschäftes von DSM Fibre Intermediates B.V. BrüggemannChemical produziert nun die RIM Nylon Ausgangsmaterialien und bietet den kompletten technischen Service zur Herstellung von RIM Nylon-Hochleistungskunststoffen.

2004: Übernahme des weltweiten Handelsgeschäftes für AP-Caprolactam von DSM Fibre Intermediates B.V. Diese Erweiterung der Angebotspalette komplettiert den Bereich der AP-Nylon Materialien bei BrüggemannChemical.

2006: Gründung der Tochtergesellschaft BrüggemannChemical Asia, Ltd. in Hongkong.

2007: Bau einer Schiffsanlegestelle am Neckar.

Quelle: Firma Brüggemann

 

Lederfabrik Heilbronn

Mit dem Namen der Familie Victor ist der Name der Lederfabrik Heilbronn verbunden. Die Victors kamen aus Horkheim, wo sie bereits mit Pelzen und Fellen gehandelt hatten. Julius Victor (geb. 15. 6. 1838, gest. 30. 8. 1887 in Heilbronn) trug sich bereits 1860 mit dem Gedanken, ein eigenes Geschäft zugründen. Als er am 3. Juli 1862 das Heilbronner Bürgerrecht erwarb, konnte er 3000 Gulden Vermögen nachweisen. Bereits im Jahre 1868 sind dann die Gebr. Victor (Julius, Joseph und Victor), in Heilbronn selbständig. Sie betrieben in der Großen Biedermannsgasse 10 ein Geschäft für "Rauchwaren, Wildbret und Sattlerlederwaren".

Im Jahre 1882 finden wir die Firma betrieben von den Genannten in der Cäcilienstraße 42 a. Julius wohnte in der Friedensstraße 58 und Joseph in der Cäcilienstraße 60. 1887 kam eine Leimfabrik hinzu. 1895 ist die Witwe von Julius Victor die Mitinhaberin. Das Kontor befindet sich Bergstraße 8. 1899 firmiert das Unternehmen „Import überseeischer Häute", ist also aus kleinen Anfängen zu einem Häuteimportgeschäft angewachsen. Inhaber sind nun bereits die Söhne, und zwar Victor (Bergstraße 8), Jakob Victor I (Friedenstraße 58), Jacob Victor II (Weststraße 53) und die Witwe von Joseph Victor (Cäcilienstraße 60), ab 1908 auch Sigmund Victor.

Dieses Geschäft wurde ständig erweitert, aber erst im Jahre 1909 auf 1910 gingen diese Nachkommen der Victors, und zwar Jacob Viktor II und Sigmund Victor zusammen mit ihrem Vetter Jakob Victor I daran, im Kleinäulein und hier in der Weipertstraße 40, eine Lederfabrik zu errichten. Dort wurde Bodenleder fabriziert aus ausländischen, überseeischen Großviehhäuten; es wurden viel ausländische Gerbstoffe verwendet. Die Fabrik zählte schon im ersten Weltkrieg 1914/18 zu den führenden Lederfabriken in Deutschland und in Süddeutschland zu den größten. Das Leder wurde nicht nur innerhalb Deutschlands verkauft, sondern auch in zunehmendem Maße in viele Länder exportiert. Es wurden Neubauten erstellt, so dass 280 Arbeiter und Angestellte beschäftigt werden konnten.

Jakob Victor I verstarb im Jahr 1918. In die Firma traten später die beiden ältesten Söhne von Jakob Victor - Eugen Victor - und von Sigmund Victor - Otto Victor - ein.

Die Victors zählten zu den angesehensten Bürgern und Fabrikanten der Stadt. Sie gehörten u. a. dem Vorstand des „Centralvereins der Deutschen Lederindustrie" Berlin und verschiedenen Kommissionen in Hamburg sowie dem Beirat der „Industrie- und Handelskammer" Heilbronn an. Eugen Victor, zeitweise Vorsitzender des „Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten" Heilbronn, wurde im ersten Weltkrieg als Leutnant verwundet. - Sigmund Victor verstarb am 16. Mai 1930. Die Gebrüder Victor machten verschiedene ansehnliche Stiftungen, so im Jahre 1915 eine solche von 150 000 Mark für Arbeiter, die in Not geraten waren; und der Stadt eine solche von 20 000 Mark für die Unterstützung armer Bürger.

Die Lederfabrik wurde gleich nach Beginn des 3. Reiches unter stärksten Druck gesetzt. Es musste eine Werkschargruppe gegründet werden, so dass beim Tode von Jacob Victor (gest. 12. Juni 1934) nur einige mutige alte Belegschaftsmitglieder auf den Friedhof zu gehen wagten. Ein unerschrockener Maschinenmeister ließ als letzten Gruß die Fabriksirene ertönen.

In der Zwischenzeit trat Dr. Max Victor, der zweite Sohn von Jacob Victor II, in die Firma ein, nachdem er seine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim „Institut für Weltwirtschaft und Seeverkehr" in Kiel hatte aufgeben müssen. Auch Robert Victor, der zweite Sohn von Sigmund Victor, war in der Fabrik tätig. Er ist früh nach Südafrika ausgewandert.

Die Fabrik wurde in den folgenden Jahren für viele jüdische Menschen eine Zuflucht: verschiedene weibliche jüdische Angestellte, die von anderen Firmen entlassen waren, wurden aufgenommen, ebenso jüdische Jungen, die in den Schulen keine ruhige Minute mehr hatten. Ferner planierte man einen Platz hinter der Fabrik zu einem Fußballplatz um, da die Heilbronner Juden keine Möglichkeit mehr hatten, den Sport anderswo auszuüben.

Obwohl man später einen nichtjüdischen Betriebsführer einsetzte, wurde die Lage immer gespannter. Als sie sich noch weiter zuspitzte, verlegte Eugen Victor seinen Wohnsitz nach Holland. Die Fabrik wurde von Dr. Max Victor und Otto Victor weitergeführt bis zur Arisierung, d. h. zum Zwangsverkauf an die Lederfabrik Hirschberg vorm. Heinrich Knoch & Co. Nunmehr wanderten Dr. Max Victor nach Holland und Otto Victor nach Südafrika aus. - Der Betrieb wurde übrigens 1939 eingestellt. Die Räume dienten u.a. der Silberwarenfabrik Bruckmann für die Fabrikation von Kriegsmaterial, so für Daimler-Benz; hier wurden 250 ausländische Arbeitskräfte beschäftigt. Die Belegschaft selbst war z. T. eingezogen worden, z. T. arbeitete sie bei der Firma P. Bruckmann & Söhne an Rüstungsaufgaben. Auch ein anderer Betrieb, der zeitweise in den Fabrikationsräumen untergebracht war, arbeitete für die Rüstung. 1944 wurde die Fabrik stark zerstört. Die Firma erhielt auf Grund der Restitutionsgesetze die Majorität zurück. Die Absatzkrise in der Lederindustrie führte 1954 zur Schließung des Betriebs. Im Jahre 1955 erwarb die Stadt Heilbronn Bauten und Grundstücke. 1977 - 1980 wurden die Gebäude abgebrochen.

Quelle: Hans Franke: Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn. Heilbronn 1963

 

Maschinenfabrik und Eisengießerei J. Weipert & Söhne

Im Jahre 1822 kam in Verrenberg bei Öhringen Johann Michael Weipert auf die Welt. Er wurde 1854 in das Heilbronner Bürgerrecht aufgenommen und heiratete wenige Wochen später die etwa gleichaltrige Witwe Johanna Sabine Drautz, geb. Titus, welche drei Söhne und eine Tochter mit in die Ehe brachte. Deren verstorbener Mann, Johann Conrad Drautz, hatte in der Präsenzgasse 4 eine Wagnerei betrieben, in welcher Weipert Arbeit gefunden hatte. 1859 übersiedelte die Familie Weipert nach Reutlingen, wo Johann Michael zunächst in der mechanischen Werkstätte des Bruderhauses arbeitete und 1866 eine landwirtschaftliche Maschinenfabrik gründete. Diesen Betrieb verlegte Weipert, der inzwischen verwitwet war und wieder geheiratet hatte, 1869 nach Heilbronn, Ecke heutige Herbst- und Gymnasiumstraße. 1874 wandelte er seine Fabrik in die offene Handelsgesellschaft "J. Weipert & Söhne" um und betrieb ab 1875 zusätzlich eine Eisengießerei.

Weipert begann in Heilbronn mit 15 Mitarbeitern. Deren Zahl stieg auf 310 (1897) und schließlich 650 (1913) an. Die Produktionspalette des Werkes (Salzstraße 45-47) umfasste fast alle Maschinen, welche im landwirtschaftlichen Bereich eingesetzt wurden: Dresch- und Futterschneidemaschinen, Schrot- und Obstmühlen, Wein- und Obstpressen und außerdem den Sektor „Werkzeugmaschinen“. Teilweise exportierte die Firma, die 1892 nach einem Großbrand ins Industriegebiet Kleinäulein umzog, bis ins Baltikum und nach Russland.

Ferdinand C. Weipert (s. dort), Sohn des 1904 gestorbenen Firmengründers, stellte sich 1911 durch Ausgliederung des Bereichs Werkzeugmaschinenbau auf eigene Beine. Dieser Betrieb ging 1974 in Konkurs.

Das Stammwerk entwickelte sich solide weiter. Es wurde jedoch 1944 zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Wiederaufbau mit 14 Mitarbeitern. Der Gießereibetrieb konnte 1949 wieder aufgenommen werden, landwirtschaftliche Geräte und Maschinen wurden jedoch nicht mehr produziert.

Richard Drautz, ein Stiefenkel des Firmengründers, starb 1965 als Alleininhaber des Werkes ohne direkten Erben. Er verfügte, dass unter Einsatz seines Vermögens und der Firmengewinne ein Altersheim errichtet und betrieben werden solle, das dann 1975 in Böckingen eingeweiht werden konnte.

Quelle: Christhard Schrenk, Hubert Weckbach: „… für ihre Rechnung und Gefahr“ Rechnungen und Briefköpfe Heilbronner Firmen. Heilbronn 1994, S. 124

 

Baumaterialien, Cementwarenfabrikation, Cement- und Kalkwerk Ch. Heinrich Gültig

Christian Heinrich Güldig wurde 1836 in Siglingen geboren. Er erhielt 1889 in Heilbronn das Bürgerrecht, nachdem er 1874 bei der Baumannschen Ölfabrik als Aufseher ausgeschieden war und auf dem Hefenweiler zunächst ein Gipslager eröffnet und dieses bald zu einem "Cement- und Gipsgeschäft" ausgebaut hatte. Um 1886 wurde der Name "Güldig" in "Gültig" umgewandelt.

In den Folgejahren erweiterte der Betrieb seine Produktpalette um Gipsrohre, um schließlich gegen Ende des Jahrhunderts zum "Baumaterialien-Geschäft" mit "Zementwaren-Fabrikation" zu werden. Produziert wurden u. a. Zementziegel, Zement- und Mosaikplatten, Wasser- und Ofensteine sowie Viehkrippen; im Lager waren außerdem Zement, Kalk, Gips, Platten, Dachpappe usw. vorrätig.

Christian Heinrich Gültig, der 1912 starb, übergab 1900 die Firma an seinen 1869 in Heilbronn geborenen Sohn Karl, der das Geschäft um die Abteilung "Kalkwerk" erweiterte und in die Weipertstraße 29 (Ecke Etzelstraße) verlegte. Nach dem Ersten Weltkrieg erscheint im Heilbronner Adressbuch anstatt der Bezeichnung "Kalkwerk" als dritte Abteilung zunächst "Zement- und Kalkwerk" und dann "Sandgrubenbetrieb". Dieser wurde 1921 als selbständiges Unternehmen von der Firma abgetrennt und nach Siglingen verlegt. Außerdem war während des Ersten Weltkrieges eine Brennstoffhandlung angegliedert worden.

Der 1898 in Heilbronn geborene Heinrich Gültig erhielt als Sohn von Karl Gültig und Enkel des Firmengründers 1921 die Prokura. 1925 erscheint die Firma im Handelsregister als "Baumaterialiengeschäft mit Zementwarenfabrikation, Holz- und Kohlenhandlung". Heinrich Gültig gab 1932 die Prokura ab. Er wurde 1933 von den Nationalsozialisten zum Heilbronner Staatskommissar und später zum Oberbürgermeister der Stadt gemacht.

1940 übernahm die damals noch junge, aber aufstrebende Firma Löffelhardt die Firma Gültig. Der Name Gültig hatte in Fachkreisen einen so guten Klang, dass er beibehalten wurde.

Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion mit der Herstellung von Schlackensteinen und Stampfbetonröhren wieder aufgenommen. In den fünfziger Jahren erfolgte dann schrittweise die Verlegung des Werkes an den Osthafen (Austraße).

Anfang 2003 übernimmt die Kronimus AG aus Iffezheim, eine führende Unternehmensgruppe für die Herstellung von Betonsteinen die Firma Ch. Heinrich Gültig.
Seit 2004 firmiert das Betonsteinwerk in der Austrasse 169-173 unter der Kronimus GmbH & Co. KG.
In Heilbronn werden Betonwaren für die Stadt-, Garten- und Landschaftsgestaltung sowie für den Straßenbau hergestellt.

Quelle: Christhard Schrenk, Hubert Weckbach: „… für ihre Rechnung und Gefahr“ Rechnungen und Briefköpfe Heilbronner Firmen. Heilbronn 1994, S. 50

 

Heilbronner Carosseriefabrik G. Drauz & Co

Als erste Heilbronner Karosseriefabrik gründete Gustav Drauz (1872-1951) im Jahre 1900 in der Lixstraße 11 die Firma G. Drauz. Hier entstanden - zunächst in handwerklicher Fertigung - Landauer, Coupes, Karosserien (ab 1905) und Omnibusse (ab 1909). Bald war die Produktion so stark angewachsen, dass ein größeres Fabrikgelände in der Weipertstraße erworben wurde. 1911 erhielt das erste Drauz-Cabriolet sogar den Schönheitspreis von Monaco.

Im Vordergrund der Produktion standen noch einige Jahre Einzelanfertigungen, oft für prominente Auftraggeber, doch auch die industrielle Serienproduktion gewann an Bedeutung.

1933 wurde die sehr fortschrittliche Fließbandarbeit eingeführt. Wenige Jahre später begann die Herstellung von Omnibussen in Ganzstahl-Ausführung in größeren Stückzahlen.

Bei der Zerstörung Heilbronns 1944 wurden auch die Werksanlagen der Firma Drauz in ein Trümmerfeld verwandelt. Nach einem schwierigen Neuanfang begann 1949 die Serienproduktion von Lieferwagen und Omnibussen wieder. 1953 bis 1965 konnten etwa eine viertel Million Karosserien für einen Transporter verkauft werden. In dieser Zeit entwickelte die Fa. Drauz die Press-, Zieh- und Stanzwerkzeuge weiter und modernisierte die Abteilung Werkzeugbau.

Im Jahre 1965 ging das Karosseriewerk an die damalige NSU AG. Der Werkzeug- und Vorrichtungssektor wurde gleichzeitig erweitert, so dass die Fa. Drauz die Automobilindustrie fortan nicht mehr mit Karosserien belieferte, sondern mit Werkzeugen bis hin zu vollautomatischen Fertigungsstraßen zu deren Herstellung. Um die Zukunft abzusichern und Synergieeffekte ausnutzen zu können, hat die Gesellschafterfamilie Drauz 1988 ihre Anteile an die Dortmunder Hoesch AG verkauft.

Quelle: Christhard Schrenk, Hubert Weckbach: „… für ihre Rechnung und Gefahr“ Rechnungen und Briefköpfe Heilbronner Firmen. Heilbronn 1994, S. 38

 

 

Gelatinefabriken Gebr. Koepff

Im Jahre 1849 gründete Friedrich Kunz im Viehweg 6 ein "Laboratorium für salzsauren Kalk", dessen Produktion 1851 um Pottasche und Mutterlaugenmehl erweitert wurde. 1852 kam die Firma an das Handlungshaus Reuß & Söhne, welches die Erzeugung auf Chlorkalk, Glaubersalz, Alaun und 1857 auch auf Weinsteinsäure ausdehnte.

Dieses Werk kauften 1864 die beiden aus Ludwigshafen am Rhein stammenden Brüder und Chemiker Ludwig und Theodor Friedrich Carl August Lichtenberger. Es ging 1882 auf das Haus F. A. Wolff & Söhne und 1898 auf die Firma Gebrüder Koepff (vgl. Briefbogen) über, welche 1880 in Göppingen gegründet worden war. Bereits 1893 konzentrierte sich das Unternehmen auf die Produktion von Gelatine als einer besonders reinen Form von Leim.

Ab 1904 wurde diese in Heilbronn - Kleinäulein als Gelatinefabrik Koepff & Söhne von Heinrich Koepff geführt. 1925 trat seine Schwiegersohn Dr. Ernst Kinkel in das Unternehmen ein. Das sich fortan immer stärker mit der Herstellung von fotografischer Gelatine befasste. 1964 erwarben die Farbenfabriken Bayer AG Leverkusen die Firma Koepff & Söhne GmbH, Gelatinefabrik Heilbronn. Sie wurde nun unter dem Namen Gelatinefabrik vorm. Koepff & Söhne, Zweigniederlassung der Agfa-Gaevert AG unter der Leitung von Dr. Kinkel weitergeführt.

Das Agfa-Werk Heilbronn kam zum 1. Juli 2000 an die DGF Stoess AG (Eberbach). Ende 2005 wurde der Betrieb in Heilbronn eingestellt, Grundstück und Gebäude verkauft. Inzwischen sind die Gebäude abgebrochen.

Quelle: Christhard Schrenk, Hubert Weckbach: „… für ihre Rechnung und Gefahr“ Rechnungen und Briefköpfe Heilbronner Firmen. Heilbronn 1994, S. 64

 

Arbeitsaufträge

  • Erstellt ein Plakat, auf dem ihr das Gleisnetz im Kleinäulein darstellt und beispielhaft einige Firmen hervorhebt, die zu den ersten Anschließern an das Schienennetz gehörten.
  • Ergänzt das Plakat durch kurze Informationen zu den einzelnen Firmen.
  • Die Firma Gültig ist auf verschiedene Standorte verteilt. Gibt es dafür Erklärungen?