Leben hinter Klostermauern - die Klaranonnen in Heilbronn

Wenn man der Kirchbrunnenstraße folgt, stößt man auf den "Klosterhof" genannten Kaufhauskomplex – ein erster Hinweis auf das ehemalige Klarakloster in Heilbronn. Erst die Neubauten des 21. Jahrhunderts haben die alte Straßenführung und Grundstücksgrenzen beseitigt, die ehemalige "Klostergasse" ist ganz verschwunden. Nur die Klarastraße zwischen Kiliansplatz und Wollhausplatz weist noch auf das ehemalige Kloster hin. Bei der Abzweigung zur Siebeneichgasse stößt man auf einen Mauerrest des ehemaligen Klosters mit einer Infotafel, die an den Beginn der Baulichkeiten in der Stadt im Jahr 1302 erinnert. Trotz der geringen Überreste lässt sich der historische Ort erahnen und Vergangenes in die Gegenwart holen. Man kann an dieser Stelle ein Arbeitsblatt ausgeben mit dem "historischen" Stadtgrundriss sowie einer Rekonstruktion des Klaraklosters.
Allerdings sollte man die Schwierigkeiten nicht unterschätzen, die Schüler beim "Lesen" solcher Pläne haben. Auch die Problematik der Rekonstruktionsversuche sollte angesprochen werden.

 

Wenn man der Allee folgt (der ehemaligen Kloster- und Stadtmauer entlang) und die Kaiserstraße überquert, gelangt man zu der Gustav-Binder-Straße, an deren Ende der sogenannte Hafenmarktturm steht. Hier standen früher die Klostergebäude der Franziskaner oder Barfüßer, die sich seit 1272 in Heilbronn niedergelassen haben - die überdachte Ladenpassage deutet noch darauf hin. Ein einsamer Rest des ehemaligen Kreuzgangs hat sich an der Hauswand neben dem Turm erhalten. Das Klosterareal erstreckte sich (samt Garten) bis zur Karlstraße, der dortige Parkplatz heißt noch "Franziskanerhof". Und das Szenelokal "Barfüßer" an der Ecke ist ebenfalls eine Reminiszenz an das ehemalige Kloster.

Ein Abstecher zu dem ehemaligen Karmeliterkloster auf dem Alten Friedhof lohnt sich nicht, weil schlechterdings nichts mehr zu sehen ist, eher könnte man einen Besuch im Städtischen Lapidarium anschließen (nach Voranmeldung im Stadtarchiv). Dort sind weitere Mauerreste und Inschriften erhalten.

So mühsam es ist, in den dürftigen Überresten in der Stadt die früheren Klosteranlagen zu erkennen – auch Schüler müssen lernen, was Friedrich Ratzel so formuliert hat: "Im Raume lesen wir die Zeit."

 

Wenn man bei der Besichtigung der Mauer deutlich macht, dass dieser historische Überrest früher eine "Lebensgrenze" markiert hat, stellt sich die Frage: Wie lebten die Nonnen und Schwestern hinter diesen Mauern? Sofern die allgemeine Behandlung der Klöster im Mittelalter schon erfolgt ist, kann mit der Beantwortung dieser Frage ein Schüler oder eine Schülergruppe beauftragt werden. Die angebotenen Materialien (D 9- D 12) reichen für einen Überblick aus; zusätzliche Internetrecherchen zu dem Orden der Klarissen bieten sich an. Weitere Einzelheiten sind der idealisierenden Darstellung von Ehrenfried (siehe Literaturliste) zu entnehmen. Allerdings sind - außer den Äbtissinnen- keine Namen überliefert, so dass die Darstellung ziemlich unpersönlich bleibt. Da die Bettelorden in enger Verbindung zur Stadt und ihrer Bevölkerung lebten, ist anzunehmen, dass auch Heilbronner Frauen und Töchter im Klarakloster aufgenommen wurden. Schwierig ist für Schüler der Widerspruch zu erklären zwischen Bettelorden und persönlicher Armut einerseits, dem wachsenden Grundbesitz des Klosters andererseits. Das hängt mit dem Stiftungswesen im ausgehenden Mittelalter zusammen; außerdem spielen im Einzelnen nicht bekannte Steuerregelungen für diesen Grundbesitz und seine Erträge eine Rolle. Zumindest indirekt profitierte auch die Stadt Heilbronn davon. Über die Gründe, warum die Klaranonnen die Reformation abgelehnt haben, gibt indirekt D 12 Auskunft. Das Klarakloster überlebte als weitere katholische Insel in Heilbronn bis 1810; die Insassen widmeten sich auch sozialen Aufgaben in der Stadt in der Nachfolge der ehemaligen Beginen.