Das Industriegebiet Kleinäulein

Kurze Information: Entstehung des Industriegebietes "Kleinäulein"

Die allgemeine Handelskrise nach 1815 nutzten einige Heilbronner Handelshäuser, indem sie ihre Tätigkeit vom Handel zur Produktion verlagerten. Bereits 1832 gab es 17 Fabriken mit 450 Arbeitern. Schwerpunkt war dabei die chemische Industrie. Aus Platzgründen musste die Produktion außerhalb der Stadtmauern stattfinden. Doch die vor allem westlich der Altstadt gelegenen Produktionsstätten wurden wegen der von ihnen ausgehenden Geruchsbelästigung bald als unerträglich empfunden.

Als Ausweg bot sich die Anlage eines verkehrsgünstig gelegenen Industriegebiets außerhalb der Stadt an: Der Stadtteil Kleinäulein lag in der Nähe des Neckars, ließ sich an die seit 1848 nach Heilbronn verkehrende Eisenbahn anbinden und der vorherrschende West- bis Südwind würde die Gerüche nicht in die Stadt tragen. So entstand nach dem Generalbebauungsplan aus dem Jahr 1873 das erste zusammenhängende Industriegebiet in Württemberg.

Die Eisenbahn spielte dabei eine wichtige Rolle, vor allem, nachdem seit den 1880er Jahren große Steinsalzvorkommen auf der Heilbronner Gemarkung entdeckt waren. Die auf dem Neckar eingeführte Kettenschleppschifffahrt war wegen der geringen Transportkapazität keine Konkurrenz.

Die Beförderung vom Salzwerkhafen sollte auf städtischen Gleisen entlang der Salzstraße über die Haltestelle Sülmertor und von dort aus nach Neckarsulm erfolgen. Dies hätte der Stadt Heilbronn eine Mark je Wagen eingebracht. Bei den damals wesentlich kleineren Wagen und dem erwarteten Frachtaufkommen eine stolze Summe. Allerdings durchkreuzte das Salzwerk diese Planungen: Statt des gebührenpflichtigen Umwegs über das Sülmertor wurde ein direkter Eisenbahnanschluss nach Neckarsulm gebaut. Für dessen Benutzung fielen keine zusätzlichen Gebühren an.

Außerdem weigerte sich die Eisenbahn zunächst, das Schienennetz des neuen Industriegebiets anzuschließen. Erst das Druckmittel, die Erde vom Aushub des Floßhafens erst anzunehmen, wenn die Eisenbahn im Gegenzug die Schienen des Industriegebiets anschließt, brachte den gewünschten Erfolg. Nun konnten vom Stammgleis 1 entlang der Salzstraße zahlreiche Firmen über Nebengleise angeschlossen werden, die wiederum über Drehscheiben und Drehwinkel mit dem Stammgleis verbunden waren.

Noch in den 1930er Jahren wurde ein Abendspaziergang im Industriegebiet als lohnend beschrieben (vgl. Textquelle Neckar-Zeitung vom 25.10.1930), und der Singkranz Heilbronn widmete dem „Fräulein vom Kleinäulein“ 1932 eine Kurzoper (vgl. die Bildquelle mit dem Liedtext und der Musik). Das Bild vom Badeplatz an der Alten Bleichinsel um 1930 (siehe Bildquellen) zeigt ebenso, dass das Industriegebiet damals von der Bevölkerung völlig anders genutzt und betrachtet wurde als heute.

Nach: Rösch, Roland, Die Heilbronner Industriebahn im Kleinäulein und im Hafen. Stadtarchiv Heilbronn 2007 (Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn 53)