Neckarschifffahrt - Aspekte der Industriegeschichte

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Jahrhundertelang endete die Neckarschifffahrt flussaufwärts von Mannheim in Heilbronn: Die großen Neckarwehre versperrten die Durchfahrt. Waren und Güter mussten aus- und umgeladen werden.

Die Wehre konnten erst überwunden werden, als 1821 der Wilhelmskanal eröffnet wurde. Seine Kammerschleuse galt als technische Meisterleistung und war die erste in Süddeutschland; sie ermöglichte die durchgehende Schifffahrt von Mannheim bis Stuttgart.

Der Neckar mit seinen Untiefen blieb jedoch weiterhin ein schwer schiffbarer Fluss – so waren etwa die auf dem Rhein verkehrenden Dampfschiffe ungeeignet. Der Schiffsverkehr versprach dennoch ein großes Entwicklungspotential, genauso wie die Eisenbahn. Schon 1836 zeichneten Heilbronner Bürger Aktien für den Eisenbahnbau.

 

Dennoch wurde auch nach Möglichkeiten gesucht, den Neckar als Verkehrsweg auszubauen; dies gelang zunächst durch den Einsatz von Schiffen mit besonders geringem Tiefgang. So erreichte nach Überwindung großer technischer, politischer und finanzieller Schwierigkeiten am 7. Dezember 1841 der erste Raddampfer Heilbronn.

In der nächsten Etappe gelang es mit dem Einsatz der Kettenschleppschifffahrt, den Neckar für den Massengütertransport zu nutzen; dem folgte der etappenweise Ausbau zur Wasserstraße mit größeren Kanalstrecken seit den 1930er Jahren und abschließend nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Bedeutung des Heilbronner Hafens 1910

"Der Handelsverkehr nahm an Umfang bedeutend zu, als Heilbronn im Jahr 1802 zu Württemberg kam und König Wilhelm I. von 1819 an durch Kanal- und Hafenbauten die Schifffahrt auf dem Neckar förderte. Zu den alten, großen Handelshäusern kamen neue. [...] So hat sich Heilbronn im Laufe der Zeit zur ersten Handelsstadt Württembergs und zu einer ansehnlichen Fabrikstadt emporgearbeitet.

Eben ist ein Schleppdampfer am untern Eingang zur Schleuse eingetroffen. Vier schwer beladene Warenschiffe hat er von Mannheim nach Heilbronn gebracht. Scheinbar spielend hebt sich ein Schiff ums andere, um dann auf dem 4 m höheren Wasserspiegel die kurze Fahrt zum Hauptzollamt oder zu einer Ausladestelle fortzusetzen. „Für ausländische Waren muss ich Zoll erheben“, sagt der Staat, und so prüfen Beamte des Hauptzollamts den Inhalt der Schiffe. Sie haben einen guten Tag. Kaffee und Tee, Baumwolle und Tabak, Getreide und Reis, Hülsen- und Ölfrüchte, Eier und Öl, Wein und getrocknete Trauben, Südfrüchte und Gewürze und noch viele andere Waren wandern aus den Schiffen in die geräumigen Hallen, und ein zweiter Schlepper ist für den Nachmittag angesagt. Die durchschnittliche Tageseinnahme entspricht einem netten Vermögen. 19000 Mark im Tag will schon etwas heißen. Im Jahr oder in 300 Arbeitstagen ergibt dies für den Staat die stattliche Summe von 5.700.000 Mark. Mit dem Kaffee macht die Zollbehörde die besten Geschäfte. 4 ½ Millionen kg gehen jährlich durch ihre Hände und schaffen eine Zolleinnahme von über 2 ½ Millionen Mark. Von der Zollstätte kommen viele Waren sofort in die bereitstehenden Eisenbahnwagen, um mit diesen ihre weitere Reise durch Württemberg anzutreten. Andere haben keine so große Eile; sie ruhen einstweilen in den Lagerhäusern des Güterbahnhofs oder der Stadt und folgen erst später in kleineren Posten. Die Lagerhäuser auf dem weitausgedehnten Güterbahnhof können mehr aufnehmen als das größte Bauernhaus. Ein Getreidelagerhaus z. B. fasst 109.000, ein zweites sogar 140.000 Ztr."

(G. A. Volz: Unsere Heimat Heilbronn a.N. (Stadt und Bezirk). 2. Aufl. 1910)