Exkursion

Exkursion zum Industriepark am Leinbach

Eine Exkursion zum Historischen Industriepark im Widmannstal lässt die Schüler den Wandel vom Handwerk zur Industrie erfahren: Eine Schmiedevorführung, bei der das erhaltene Hammerwerk in Betrieb ist, die Besichtigung des erhaltenen Mühlrads und des Pumpwerks sowie die Ausstellung über Johann Jakob Widmanns mechanische Werkstatt und Papierfabrik wecken das Interesse.

Führungen sind für Schulklassen kostenlos.
Eine vorherige Anmeldung bei der Heilbronner Versorgungs GmbH ist erforderlich.

Anmeldung und weitere Auskünfte:
E-Mail: sekretariat@hnvg.de
Telefon: 07131/56-2599

 

Bericht über die Exkursion ins Widmannstal

(Martin Heigold)

Stefan, ein sportlicher Neuntklässler, bewegt über eine Kette mit Griff den 400 Jahre alten Blasebalg, der die Glut mit Sauerstoff anfacht. Einmal, zweimal, dreimal - die Glut verändert sich kaum, die Bewegung strengt unerwartet an. Herr Gerhardy, der der Schülergruppe an der orginalgetreu rekonstruierten Esse das Schmieden zeigt, wartet, bis das Eisen glüht, nimmt es heraus, hält es mit der Zange fest und legt es auf den Amboss. Der schwere Hammer fällt, bewegt sich wieder nach oben und fällt erneut auf das glühende Eisen. Vier verschiedene Hämmer unterschiedlichen Gewichts von 300 bis 500 kg werden über eine sechs Meter lange Welle angetrieben, jede Bewegung ist sichtbar und hörbar. Dass der Antrieb der Welle inzwischen über einen Elekromotor erfolgt, tut dem Erlebnis keinen Abbruch – die Wasserradkonstruktion am Leinbach ist vollständig erhalten, so dass die Funktion des Hammerwerks vom Antrieb bis zur Bearbeitung des Metalls nachvollzogen werden kann.

Die historische Hammerschmiede wurde 1883 900 m östlich des heutigen Standorts am Leinbach zwischen Neckargartach und Frankenbach erbaut, 1972 abgerissen und 1997 am heutigen Standort wieder aufgebaut. Bis 1967 wurden in der Hammerschmiede landwirtschaftliche Geräte wie zum Beispiel Spaten in Handarbeit unter Benutzung des Hammerwerks hergestellt. Die sorgfältige Verarbeitung des ausgestellten Spatens fällt ins Auge: Das Markenzeichen der Familie Correll, die 1567 von Herzog Alba verliehene Weltkugel mit Kreuz, findet sich auf dem Spaten, der konisch zulaufende Schaft ist genauestens verarbeitet, das Werkzeug scheint wie für die Ewigkeit gebaut. Mehrere Stunden Arbeit stecken in jedem Werkstück; im Zeitalter billiger Massenproduktion ein kaum noch vorstellbarer Luxus.

Neben der Hammerschmiede beherbergt der historische Industriepark ein hundert Jahre altes Punpwerk zur Wasserversorgung und eine Ausstellung zu Johann Jakob Widmanns Papierfabrik und mechanischer Werkstätte. Auch wenn Johann Jakob Widmann 1849 in Konkurs ging, nach Amerika auswanderte und dort 1876 starb: Seine eigenen, gegenüber den aus England importierten deutlich verbesserten Maschinen trugen im In- und Ausland dazu bei, dass sich die industrielle Herstellung des Papiers rasch durchsetzte. Was Hammerschmiede, Pumpwerk und Papierfabrik verbindet, ist die Antriebskraft des Leinbachs. Die historische Wehranlage mit Triebwerkskanal ist freigelegt, im Gebäude der ehemaligen Papierfabrik kann deshalb das Pumpwerk aus der Zeit um 1900 in Betrieb besichtigt werden: Das Wasserrad treibt heute über die Schwungräder der Pumpen einen kleinen Generator an.

Gleichmäßig übertragen meterlange Riemen die Kraft, Abdeckungen und Schutzvorrichtungen gibt es keine, dafür kann im Gegensatz zu modernen Anlagen jede Bewegung, jedes Detail der Maschine genauestens beobachtet werden. Ein etwa zehn Zentimeter großer Glaskolben, gefüllt mit Öl, erregt das Interesse der Schüler.
„Dadurch war die Schmierung der beweglichen Teile sichergestellt und man musste nicht so oft von Hand ölen“, erklärt der Führer von den Stadtwerken Heilbronn den aufmerksamen Beobachtern.
Das Surren der Maschine vermischt sich mit dem Geruch von Öl, im Pumpwerk mit den im Stil des beginnenden Industriezeitalters grau gestrichenen Wänden hat der Besucher das Gefühl, noch einmal in die Zeit des technischen Aufbruchs einzutauchen.