Heereslieferungen und Kriegseinwirkungen

Baustein B: Heereslieferungen und Kriegseinwirkungen

Über den Durchbruch der Firma Knorr zum Großbetrieb mit Markenartikelwerbung und internationalen Verbindungen um 1900 wurde schon in Baustein A einiges angedeutet. Hier kommen die Militärverbindungen sowie der Aufschwung im und durch den Ersten und Zweiten Weltkrieg hinzu. „Unsere Tätigkeit dürfen wir auch als Kriegsarbeit bezeichnen“ – heißt es in einer Nummer der Knorr-Feldpost 1916, welche die Kriegseinstellung und politische Grundüberzeugung der damaligen Gesellschaft in lokalen Zeugnissen widerspiegelt. Zusammen mit den Kriegsbriefen von Knorr-Mitarbeitern stellen die Auszüge aus der Knorr-Feldpost wertvolle Dokumente für die Alltags- und Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkriegs dar. Entsprechendes gilt für die Artikel in den Betriebszeitungen des Zweiten Weltkriegs.

Mit dem Verkauf von 75% der Knorr-Tochter Mondamin an die im amerikanischen Besitz befindlichen Maizenawerke in Hamburg im Jahr 1924 beginnt die internationale Verflechtung der Firma Knorr, die wahrscheinlich ihr Überleben (zumindest als Markenartikel) bis heute gesichert hat. Allerdings ist diese „Verflechtungsgeschichte“ und das Ausscheiden der Gründerfamilie aus dem Unternehmen nicht mehr Gegenstand dieser Dokumentation.

 


 

Hinweise und Erläuterungen zu den Materialien B 1 – B 24

Mit der Abbildung B 1 wird der äußerliche Aufstieg der Nahrungsmittelfabrik Knorr „an die Spitze des von mir geschaffenen Industriezweiges“ dokumentiert. Die Bildmontage von 1884 zeigt die (bescheidenen) Anfänge der Fabrikanlage am Sontheimer Weg – noch mit dem Bienenkorb als erstem Markenzeichen der Firma. Das Kesselhaus mit Kamin weist auf die Verwendung der Dampfkraft hin, die „Telephonverbindung“ sowie der Eisenbahnanschluss im Jahr 1898 gehören zur allgemeinen Modernisierung im Kaiserreich.

Aus dem Portrait des „alleinigen Chefs der Firma“ (B 2) aus dem Jahr 1898 lassen sich die Faktoren entnehmen, die nach damaliger Auffassung einen erfolgreichen Unternehmer kennzeichnen: gründliche Ausbildung – auch im Ausland –, unermüdliche Arbeitskraft, weitreichende Beziehungen und patriarchalische Betriebsführung mit betrieblichen Sozialleistungen. C. H. Eduard Knorr ist der eigentliche Baumeister der Firma Knorr, die – wie schon erwähnt – 1899 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde.

Weil die Firma Knorr „mit den neuesten Maschinen ausgestattet“ und „ungemein leistungsfähig“ war, ist sie neben dem Einzelhandel auf Großabnehmer angewiesen. Dafür kam zunächst die württembergische Armee in Betracht, wie aus dem Empfehlungsschreiben B 3 hervorgeht. Wie schon erwähnt, erfolgte der Zugang zur Militärverpflegung über die Erbswurst; später kamen Gemüsekonserven und Nudelprodukte hinzu (B 4). Heereslieferungen stellten einen lukrativen Markt dar, der auch Konkurrenten (z. B. die Heilbronner Firma Kaiser & Otto) anlockte.[1]

Der Erste Weltkrieg brachte der Firma Knorr zunächst Einschränkungen und Lieferschwierigkeiten, langfristig aber hohe Absatzzahlen und Gewinne. Der Rückgang der Agrarproduktion seit Kriegsbeginn und die Exportbeschränkungen trafen die Firma Knorr hart. Schon im Oktober werden Höchstpreise für Getreide festgelegt, im Januar 1915 werden im Reich Brotmarken eingeführt und die gesamte Getreideproduktion unter Staatsaufsicht gestellt. Im Mai 1916 entstand das „Kriegsernährungsamt“, das für die Zivilversorgung zuständig war. Das Heer blieb mit seinen „Beschaffungsstellen“ selbst für die Versorgung zuständig; die Firma Knorr hat sich schon im August 1914 der Heeresverwaltung „zur Verfügung gestellt“ (B 7).

Die Feldpostpakete (B 5) bilden einen zusätzlichen „Markt“; gleichzeitig erhöhen sie den Bekanntheitsgrad der Marke „Knorr“, wie aus dem folgenden Eintrag auf Feldpostkarten hervorgeht:

„Krupp Kanonen und Knorr Suppen – auf die können wir uns verlassen“.

„Nicht unerwähnt sollen die originellen Kriegsnamen bleiben, welche die für das Heer gelieferten Suppen, entsprechend der damaligen Begeisterung, erhielten: Es gab Hindenburg-, Kronprinz Wilhelm-, General Kluck-, Prinz Eitel-, Ludendorff-Suppen – von heute gesehen keine sehr geschmackvollen Bezeichnungen“ – so steht es in der schon erwähnten Knorr-Chronik Bd. I.

Weil die Firma Knorr vor 1914 Niederlassungen in Frankreich, Italien, Österreich und der Schweiz hatte, traf sie die Exportbeschränkungen bei Kriegsbeginn besonders hart. Unter Einschaltung der Zentralstelle für Gewerbe und Handel (B 8) wird versucht, das Auslandsgeschäft zu erhalten und drohende Verluste abzuwehren.

Wie sich der unerwartet lange Krieg auf die Produktions- und Arbeitsverhältnisse ausgewirkt hat, geht andeutungsweise aus B 8 und B 9 hervor. Vor allem die Zahl der weiblichen Beschäftigten nahm zu: „ein Gang durch die Fabrik zeigt, dass überall das ewig Weibliche vorherrscht“, heißt es etwas salopp in der Knorr-Feldpost. Und in der Gemeinde-Kriegschronik aus dem Nachbarort Flein finden sich folgende Informationen: „Solange die Silberwarenfabrik Bruckmann geschlossen blieb, hat deren Arbeiter die Nährmittelfabrik Knorr eingestellt. Es kommt sogar so weit, dass in den für den Kriegsbedarf und die Heereslieferungen umgestalteten Fabriken in Heilbronn die Aufträge so massenhaft einlaufen, dass sie gezwungen sind, schulentlassene junge Leute beiderlei Geschlechts aufzunehmen. Da die Löhne hoch sind, gehen der Landwirtschaft manche Arbeitskräfte verloren.“[2]

Zu „Lohnfragen“ steht in der Knorr-Chronik Folgendes: „Lohnfragen, die in den ersten Kriegsjahren keine Rolle spielten und deshalb nicht zur Debatte standen, kamen im Mai 1918 in Bewegung, wobei der Stundenlohn für männliche Arbeiter auf 80 – 85 Pfennige und für weibliche ab 18 Jahre auf 50 Pfennige heraufgesetzt werden musste. Auf Jahresende wurde eine neue Lohnforderung um 10% gefordert.“

In den Beiträgen der Knorr-Feldpost kommt die verbreitete Auffassung vom Krieg als „Verteidigungskrieg“ zum Ausdruck, ebenso der Stolz auf die Beiträge der Firma Knorr für die Volksernährung („um die Aushungerungspläne unserer Feinde zunichte zu machen“ (B 11)). „Leitung und Arbeiterschaft“ seien sich „gleichermaßen ihrer vaterländischen Pflicht bewusst“, alle Beteiligten wollen „mit Aufbietung aller ihrer Kräfte“ dazu beitragen, „des Vaterlandes Not zu wehren und den Sieg vorzubereiten“ (B 11). Es ist erstaunlich, wie lange Siegeszuversicht und Durchhaltewillen trotz Not und Entbehrungen und vieler Kriegsverletzten und –toten anhalten. „Der Heldenmut unserer tapferen Krieger, die im zähen Kampfe unter Einsatz ihres Lebens einen zahlreichen Feind vom heimatlichen Boden fernhalten“ (B 10) – diese Formulierung fasst die herrschende Meinung über Kriegsursachen und Kriegsverlauf zusammen und bereitet indirekt die Katastrophe des November 1918 vor. Zur Erklärung muss man (im Abstand von 100 Jahren) auf die obrigkeitstreue Grundhaltung und beschränkten Informationsmöglichkeiten der damaligen Bevölkerung verweisen, aber auch auf die Wirkung der eigenen und gegnerischen Kriegspropaganda.

Die Zahlen zur Geschäftsentwicklung (B 13 und B 14) deuten die Kriegsgewinne der Firma Knorr sowie die Probleme der Umstellung auf „Friedenswirtschaft“ nach 1919 an. Wie die Verbindung zu den in US-Besitz befindlichen Maizenawerken in Hamburg im Einzelnen zu Stande kam, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Die zunächst kriegsbedingte Verflechtung mit der „Deutschen Maizena Gesellschaft AG“ wurde in der Nachkriegszeit immer enger und mit der Berufung des Maizena-Generaldirektors in den Knorr-Aufsichtsrat besiegelt. Über ihn kam das in B 14 erwähnte Darlehen zustande; bis 1945 hatte Maizena 17,6 % des Knorr-Aktienkapitals in ihrem Besitz. Hintergrund dürfte die mit dem Dawesplan 1924 eingeleitete Regelung der Reparationsfrage sein, welche zu einem verstärkten Engagement der US-Wirtschaft in Deutschland und Europa führte. Aus agrarökonomischer Sicht kommt hinzu, dass die amerikanischen Maisproduzenten auf den europäischen Markt drängten, um ihre Überschussproduktion loszuwerden und den Einsatz von Mais in Industrie und Landwirtschaft anzukurbeln.

In den Dokumenten und Bildern aus der Zeit des Dritten Reiches wird deutlich, wie die Gleichschaltung von Wirtschaft und Gesellschaft im Betriebsalltag aussah. Es ist nicht verwunderlich, dass in den Dokumenten aus dieser Zeit vor allem die Errungenschaften des Nationalsozialismus hervorgehoben und die Kehrseite verschwiegen werden. Von den in der Betriebsstatistik erwähnten ausländischen Arbeiterinnen und Arbeitern erhält wenigstens eine Frau Gesicht und Namen, Alexandra Didenko aus den „besetzten] Ostgebieten]“, deren Papiere im Stadtarchiv Heilbronn aufbewahrt werden.

Wie für alle anderen Wirtschaftsunternehmen gab es auch für die Firma Knorr keine Alternative zur Ein- und Anpassung an die NS-Wirtschaftspolitik. Die „Betriebsführer“ der damaligen Zeit gehörten selbstverständlich der NSDAP an. Das schloss gelegentliche Konflikte mit den NS-Instanzen nicht aus, so bei der Weigerung, einen von der NSDAP benannten Aufsichtsrat zu akzeptieren.

„Die politischen Umwälzungen 1933 bieten im Rahmen einer Werksgeschichte wenig typisches“ – so das langjährige Vorstandsmitglied Alexander Knorr in einem Vortrag im März 1956.[3] Was für heutige Leser verwunderlich erscheint, ist für die damaligen Wirtschaftsführer (und viele Zeitgenossen) ganz normal. Man arrangierte sich mit dem Nationalsozialismus, zumal die Wirtschaft ab 1933 florierte und die Eingriffe des NS-Systems in die Betriebe sich in Grenzen hielten. „Seit wir vor einem Jahr den letzten Bericht erstatteten, haben auf der Grundlage der politischen Umwälzungen auch die wirtschaftlichen Verhältnisse ein anderes Gesicht bekommen“ – heißt es im Geschäftsbericht 1933/34. „Allmähliche Umsatzzunahme, gute Umsatzerfolge, günstige Weiterentwicklung“ so lauten die entsprechenden Passagen in den folgenden Jahresberichten.

Das „Gesetz zur Ordnung der Arbeit“ vom 20.1.1934 schrieb Terminologie, Geist und Inhalt vor, in dem „deutsche“ Firmen geführt werden sollten. Der Vorstand heißt jetzt Betriebsführer, die Arbeitnehmer Gefolgschaft, anstelle der durch Tarifverträge geregelten Lohn- und Arbeitsverhältnisse tritt die harmonische Betriebsgemeinschaft mit staatlich festgesetzten Löhnen.

Flankiert wurde diese Lohnpolitik durch die Einführung einer staatlichen Preisüberwachung, welche für stabile Preise vor allem bei Konsumgütern sorgen sollte. Seit 1936 galt ein allgemeiner Preisstopp. Als Ausgleich für die Zerschlagung der Gewerkschaften wurde den Arbeitgebern die Schaffung sozialer Einrichtungen und zusätzlicher betrieblicher Leistungen abverlangt. Das Programm lief über die DAF (Deutsche Arbeitsfront) und hieß „Schönheit der Arbeit“. „Der Name steht sowohl für die propagandistische Aufwertung der abhängigen Arbeit durch die Nationalsozialisten als auch für ihren Versuch, die Loyalität der Arbeitnehmer durch relativ geringfügige Zugeständnisse zu sichern“.[4]

In dem Firmenportrait aus dem Jahr 1935 (B 15), das „nur für den persönlichen Gebrauch“ der Firmenvertreter bestimmt war, hat sich im Vergleich zu der Zeit vor 1933 scheinbar nichts verändert – nur der Schlussabschnitt („rein deutsches Unternehmen“, „weder jüdisches noch ausländisches Kapital“) weist auf die veränderten Umstände hin.

Im Zweiten Weltkrieg erscheint wieder die „Knorr Feldpost“ (B 16) – zunächst in bewusster Anlehnung an die Ausgaben im Ersten Weltkrieg, im Laufe des Krieges aber umbenannt in „Wir Knorrianer“ bzw. „Wir Knorr-Kameraden“ (B 18).

„Was unsere Soldaten schreiben“ (B 17 und B 19) – die aus der Firmenzeitschrift „Wir Knorr-Kameraden“ bzw. „Knorr-Feldpost“ entnommenen Kriegsbriefe sind für die heutigen Leser aufschlussreich und erschreckend zugleich. Auf der Zeichnung (B 17) steht: „Unser Postauto, das uns schon so viele Knorrpäckchen brachte“. „Das ist Eduard“. „Voll belade ist mein Wage“. „Von weitem schon hört man den Ton, man hört ihn auch durch den Beton. Eduard“

Siegeszuversicht und bedingungsloses Vertrauen in den Führer („Unsere Soldaten haben nur einen Glauben, das ist der Sieg“) paaren sich mit gedankenloser Übernahme der antibolschewistischen Propaganda und menschenverachtender Sprech- und Denkweise. Allerdings darf man diese Briefe nicht vom heutigen Kenntnisstand aus interpretieren. Vielmehr muss die Erziehung im NS-System berücksichtigt werden, ferner die Kriegspropaganda und die Zensur.

Dies gilt auch für die Rede des Direktors Alexander Knorr bei der Betriebsweihnacht 1941 (B 20), bei der die andeutende und verschleiernde Sprechweise besonders auffällt. Formulierungen wie „Gestaltung des neuen Europas“ oder „fabrikatorische Höchstleistungen in unserem Betrieb“ müssen mit der Kriegswirklichkeit am Ende des Jahres 1941 an der Front und in der Heimat in Verbindung gebracht werden. Im Juni 1941 erfolgte der Angriff auf die UdSSR („Unternehmen Barbarossa“), im Dezember 1941 traten die USA der Anti-Hitler-Koalition bei. Der militärische Vorstoß nach Moskau kommt Ende 1941 zum Stehen, danach beginnt die sowjetische Gegenoffensive.

Trotz „großer Zuversicht“ war absehbar, dass „der schicksalhafte Kampf“ zu Ungunsten des Deutschen Reiches ausgehen werde, was mit der Katastrophe von Stalingrad (Februar 1943) eingeleitet wurde. Bekanntlich reagierte die NS-Führung auf die drohende Niederlage mit der Verkündigung des „totalen Kriegs“, weshalb auch 1943 ein Mitarbeiter des Propagandaministeriums beim „Betriebsappell“ der Firma Knorr auftrat (B 21).

Auch bei der Interpretation der Arbeitspapiere von Alexandra Didenko (B 22), die vom 20.12.1943 bis zum 31.3.1945 bei Knorr als „Hilfsarbeiterin“ beschäftigt war, ist besondere Sensibilität erforderlich. Sie gehört zu den zahlreichen männlichen und weiblichen Arbeitskräften[5] während des Krieges, für die ein „Wohnlager“ mit Wohn-, Wasch- und Kantinenbaracken auf dem Firmengelände errichtet wurde, wie aus den erhaltenen Bauplänen hervorgeht. Zunächst waren die Zwangsarbeiter in angemieteten Räumen in Fabriknähe untergebracht. In dem Arbeitsbuch werden nur die bürokratischen Daten über diese Person mitgeteilt, ihr persönliches Schicksal sowie das ihrer Familie (sie war mit Mann und Kind in Heilbronn) ist unbekannt. Auffallend ist die bis zum Kriegsende reibungslos funktionierende staatliche und betriebliche Bürokratie, der wir auch den Erhalt der Unterlagen zu verdanken haben. Im Jahr 1999 trat die Knorr-Nachfolgefirma Bestfoods der Stiftungsinitiative für Zwangsarbeiter bei – ob und in welcher Höhe Entschädigungen gezahlt wurden, ist nicht bekannt.

In dem schon erwähnten Vortrag von Alexander Knorr sind erst die Verluste und Zerstörungen der Firma in den Jahren 1944/45 eine genauere Erwähnung wert: „Da traf uns am 4. Dezember 1944 ein Schlag, der in der langen Geschichte unseres Unternehmens als der folgenschwerste angesehen werden musste. (…) Das Kriegsende hinterließ uns einen Betrieb, dessen Gebäude zu über 52 % total beschädigt und dessen Maschinen zu rund 43 % zusammengeschlagen waren.“ (B 23)

Da die beiden Vorstandsmitglieder Alexander Knorr und Hans Hesse NSDAP-Mitglieder waren, wurde ihnen aufgrund der Militärgesetze der US-Behörden zunächst die Weiterbeschäftigung untersagt; sie durften das Betriebsgelände nur mit Sondergenehmigung betreten. Die Firma wurde bis 1948 einem Treuhänder, dem langjährigen und politisch unbelasteten Mitarbeiter Max Kessler unterstellt, der als „custodian“ die Interessen der amerikanischen Muttergesellschaft CPC vertreten und vor allem das Vermögen überwachen sollte. Durch Fürsprache des von den Besatzungsbehörden eingesetzten Oberbürgermeisters Emil Beutinger erhielt die Firma Knorr schon im April 1945 die Genehmigung zur „Wiederingangsetzung unseres Unternehmens“ (B 24). Alexander Knorr und Hans Hesse amtieren als Direktoren weiter. Im Mai 1945 nahm die Mahlmühle wieder ihren Betrieb auf und begann mit der Vermahlung von Roggen aus Heeresbeständen für die hiesigen Bäckereien. Im Juni 1945 erfolgte die Wiederaufnahme der Nährmittel- und Suppenproduktion mit Erlaubnisschein der Stadt Heilbronn. Vom württembergischen Landesernährungsamt wurde der Firma Knorr schließlich im Oktober 1945 bescheinigt, dass sie ein „lebenswichtiger Betrieb in der dringlichsten Stufe“ sei, der nicht entbehrt werden könne.

Ein Zitat aus der Firmenzeitschrift „Wir Knorrianer“ (7/1955) möge genügen, um die Einstellung der Nachkriegsgeneration und ihre Aufbauleistung zu würdigen:

„Wir fingen an, zu arbeiten, als noch die Trümmer rauchten – was dabei herauskam? Ein Wunder für denjenigen, der damals verzweifelt vor den Ruinen stand (…) Und was hatte das für uns bedeutet? Arbeit, viel Arbeit und der unbedingte Wille, unser Werk wieder aufzubauen (…) Es ging darum, unsere Arbeitsplätze wieder zu gewinnen und zu erhalten. (…) Überall im Werk zeigen sich die Ergebnisse unserer Arbeit und Wiedergesundung. Man hätte es nie für möglich gehalten, dass aus dem Trümmerhaufen wieder der KNORR werden würde, ein neuer KNORR.“

 


[1]       Wegen schlechter Qualität ihrer Fleischextraktlieferungen wurde die Firma Kaiser & Otto in den Jahren 1902-1909 in einen Prozess mit dem Militärfiskus verwickelt – vgl. StA Ludwigsburg E 317 Bü 3.

[2]       Das handschriftlich verfasste sog. „Eiserne Buch“ stammt vom Fleiner Lehrer und Dorfchronisten Paul Fähnle und liegt im Gemeindearchiv Flein.

[3]       Manuskript im Stadtarchiv Heilbronn.

[4]       Andreas Kranig: Arbeitnehmer, Arbeitsbeziehungen und Sozialpolitik unter dem Nationalsozialismus. In: Deutschland 1933 – 45. Neue Studien zur Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft. Bonn 1992, S. 135 – 52.

[5]       Bester Überblick bei: Ulrich Herbert, Fremdarbeiter, Politik und Praxis des „Ausländereinsatzes“ in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches, Bonn 1985. Für die Verhältnisse in Heilbronn vgl. Susanne Schlösser, „Fremdarbeiter“ – „Displaced Persons“ – „Heimatlose Ausländer“ – Der nationalsozialistische Zwangsarbeitereinsatz in Heilbronn und seine Folgen in der direkten Nachkriegszeit 1939 – 1950. In: heibronnica. Beiträge zur Stadtgeschichte 11, Heilbronn: Stadtarchiv 2000, S. 177 – 213.

 


 

Quellen und Literatur:

Jacobi, Uwe: 150 Jahre Knorr. 1838 – 1988. Heilbronn 1988. Stadtarchiv Heilbronn L006-Hh 2 Kno-0

Dradso, Hagen: Zur Geschichte der Suppe. 10000 Jahre Suppe – 150 Jahre Knorr. Ausstellungskatalog hrsg. von C. H. Knorr GmbH. Heilbronn 1988. Stadtarchiv Heilbronn L006-Hh 2 Kno-0

C. H. Knorr’s Nahrungsmittel-Fabriken Heilbronn am Neckar. Heilbronn 1898. Stadtarchiv Heilbronn L006-Hh 2-Kno-0

C. H. Knorr (Hrsg.): 100 Jahre Knorr: 1838 – 1938; Bilddokumente aus der Entwicklung der C. H. Knorr AG Heilbronn a. N., Heilbronn 1938. Stadtarchiv Heilbronn L006-Hh 2-Kno-0

Klagholz, Bernd: Die Industrialisierung der Stadt Heilbronn von den Anfängen bis zum Jahr 1914. Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn 17, Heilbronn 1986.

Miller, Franz: Siege, Rekorde, Sensationen: Kämpfe, die wir nie vergessen werden; [ein Sammelwerk für unsere jungen und grossen Freunde, die sich hell für den Sport (nicht nur Fussball) begeistern]. Heilbronn 1954. Stadtarchiv Heilbronn L006-35862

Lense, Fritz: Zwischen Bergwald und ewigem Schnee: Die Heimat der Alpentiere; [ein Sammelwerk nicht für die Jugend nur - auch für die grossen Freunde der Natur]. Heilbronn 1953. Stadtarchiv Heilbronn L006-35863

Knorr, Alexander: Knorr. Chronik 1838 bis 1959. Vervielfältigtes Typoskript. Stadtarchiv Heilbronn L006-Hh 2-Kno-0

Denkschrift: Die Organisation des Feldverpflegungswesens. Abschrift im Militärarchiv Freiburg Msg 174/975

Stadtarchiv Heilbronn D103-1, E002-1115, E002-1213, E006-6

Staatsarchiv Ludwigsburg E 317 Bü 3

Staatsbibliothek zu Berlin. Digitalisierte Sammlungen. Knorr-Feldpost 1914 – 1918: http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0001047C00000000 [12.02.2020]