Mittwoch, 31. Oktober 1945
"Dankschreiben des Innenministers Fritz Ulrich an OB Emil Beutinger für dessen aufopferungsvolle und erfolgreiche Arbeit in der Zeit, in der er das Bürgermeisteramt und das Landratsamt in einer Person innehatte.
Im Stadtkreis beträgt die Zahl der Normalverbraucher 45.000, im Landkreis ca. 125.000. Im Großkreis Heilbronn gibt es rund zwanzig Gemeinden, die im Krieg stark zerstört wurden. Für die Lieferung von Getreide stehen hier etwa 11.000 Betriebe mit über 0,5 ha Größe zur Verfügung. Das Ablieferungssoll wurde für das laufende Jahr auf 10.500 t Brotgetreide, 3800 t Gerste, 2600 t Hafer und 24.000 t Kartoffeln festgesetzt. Die erzielten Ernteergebnisse waren nur durchschnittlich, durch die Kriegseinwirkungen und den verzögerten Drusch ist die Versorgungslage beeinträchtigt.
In diesem Monat hat das Evangelische Kirchliche Hilfswerk, Bezirk Heilbronn, eine erfolgreiche Haussammlung durchgeführt. Im August wurde diese Einrichtung auf der Konferenz der Bischöfe der Evangelischen Kirche Deutschlands in Treysa durch ihren Vorsitzenden, den württembergischen Landesbischof D. Theophil Wurm, ins Leben gerufen. Die Heilbronner Bezirksleitung liegt in den Händen von Stadtpfarrer Albrecht Schink (Neckargartach). Sie unterstützt u.a. die von Stadtpfarrer Theodor Zimmermann im evangelischen Kindergarten in Böckingen (Weststraße 39) eingerichtete Betreuungsstelle für entlassene Kriegsgefangene.
In den vergangenen Sommer- und Herbstmonaten gab es Tage und Nächte, in denen über 2000 obdachlose Wanderer (Rückwanderer, Kriegsgefangene, die ersten Vertriebenen aus den von Deutschland abgetrennten Ostgebieten) im General-Wever-Turm, in den zwei Baracken vor dem Hauptbahnhof, in den Rettungsstellen I (Wilhelmstraße 27) und II (Bunker Kaiser-Friedrich-Platz) und in den Straßen zwischen den Trümmern der Stadt die Nacht verbracht haben. Durch Vermittlung der amerikanischen Militärregierung ist auch die an die Baracken vor dem Hauptbahnhof anschließende Baracke der Reichsbahn als erste Flüchtlings-Auffangstelle freigemacht worden. Später, im Verlaufe des Winters, beim Einsetzen der großen Flüchtlingszüge werden die Baracken beim Hauptbahnhof zu einem Sammellager, in dem oft bis zu 1000 an einem Tage eintreffende Personen zunächst aufgefangen, verpflegt, karteimäßig erfaßt und dann in den Landkreis weitergeleitet werden."