Melchior Adam Weikard (1742–1803)
Melchior Adam Weikard, berühmter Arzt, streitbarer Aufklärer und medizinischer Autor, lebte von 1794 bis 1801 in Heilbronn. Er war als Sohn eines Gastwirts und Brauereibesitzers am 27. April 1742 in Römershag (heute zu Bad Brückenau gehörend) zur Welt gekommen. Er studierte in Würzburg zunächst Philosophie und wechselte dann zur Medizin. 1763 promovierte er. 1770 wurde er Arzt in Fulda, wo er bald zum Leibarzt des Fürstbischofs Heinrich von Bibra sowie zum Professor der Medizin an der Universität Fulda ernannt wurde. Daneben war er bis 1776 als Physikus des Amtes Brückenau und damit auch als Badearzt in (Bad) Brückenau tätig.
1784 holte ihn Katharina II. als Hofarzt an den Zarenhof in St. Petersburg. Er begleitete die Zarin im ersten Halbjahr 1787 bei ihrer „Taurischen Reise“, die unter anderem auf die Krim führte, und schrieb darüber – anonym – einen kritischen Bericht. Unter anderem deshalb verließ Weikard 1789 St. Petersburg.
Von 1791 bis 1792 war Weikard Leibarzt des Fürstbischofs Karl Theodor von Dalberg in Mainz, danach wirkte er bis 1794 als Arzt in Mannheim. Ab 16. April 1794 (Datum nach seiner Autobiographie) lebte er in Heilbronn, wo er einige Bücher schrieb bzw. einige seiner zahlreichen Schriften überarbeitete, zum Beispiel „Medicinisch-practisches Handbuch auf Brown’sche Grundsätze und Erfahrungen gegründet“, 1797 in Heilbronn bei Class erschienen; “Toilettenlektüre für Damen und Herren”, im selben Jahr in Frankfurt/Main veröffentlicht; “Philosophische Arzeneykunst”, 1799 ebenfalls in Frankfurt erschienen. Während seiner Heilbronner Jahre wurde Weikard von Zar Paul, der ihn nach St. Petersburg zurückholen wollte, zum „Russischen Staatsrat“ ernannt.
Weikard war als Anhänger des schottischen Arztes John Brown (1735–1788) ein engagierter Verfechter der medizinischen Erklärungsmodelle und Therapien des Brownianismus. Seit einigen Jahren wird er – zuerst im angelsächsischen Raum – als Pionier im Bereich der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ADHS gewürdigt, da er erstmals 1775 ein Kapitel über den „Mangel der Aufmerksamkeit, Attentio Volubilis“ publiziert hatte. Es wird auch diskutiert, ob Weikard und der schottische Arzt Sir Alexander Crichton miteinander in Kontakt standen. Crichton beschäftigte sich um 1798 mit einer „Unterform“ von ADHS.
Zum Jahresende 1801 verließ Weikard Heilbronn in Richtung Fulda, wo er 1803 zum Direktor der Medicinalanstalten ernannt wurde. Er starb jedoch bereits am 25. Juli 1803 in Römershag (Bad Brückenau).