Daguerreotypie

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Anfang 1839 häuften sich die Meldungen über eine Erfindung von Louis Jacques Mandé Daguerre, dauerhafte "Lichtbilder" herzustellen. Dabei wurde eine silberbeschichtete, polierte Kupferplatte durch Joddämpfe lichtempfindlich und das latente Bild durch Quecksilberdämpfe sichtbar gemacht. Als Fixiermittel diente zunächst eine starke Kochsalzlösung, ab 1840 Natriumthiosulfat. Die polierte, schimmernde Silberunterlage trug dazu bei, dass eine Daguerreotypie wie ein Kunstwerk wirkte. Allerdings ließen sich von einer Aufnahme keine "Abzüge" machen – Daguerreotypien waren und sind immer Einzelstücke.

Als das Verfahren zur Herstellung von Daguerreotypien am 19. August 1839 in Paris öffentlich bekannt gegeben wurde, befand sich unter der gespannt-erwartungsvollen Menschenmenge auf dem Platz vor der Akademie auch der 17-jährige Ludwig Pfau aus Heilbronn.

Nur wenige Monate später konnten die Heilbronner unmittelbar Bekanntschaft mit dem Daguerreotypieren machen: Im Heilbronner Intelligenz-Blatt vom 6. Dezember 1839 kündete Louis Schweig an, dass er im Aktiengartensaal einen "Daguerrischen Apparat" vorführen wolle. "In den Stunden von 11 bis 12 Uhr und von 2 bis 3 Uhr [werde er] das ganze Verfahren erklären und ein Bild selbst bei trüber Witterung verfertigen." Auch war Schweig, der sich als "Mechanicus aus Paris" bezeichnete, bereit, "Bestellungen auf Apparate" anzunehmen.

Am 11. Dezember 1841 erfuhren die Heilbronner anhand einer "Kunst-Nachricht", die der Arzt Johann Friedrich Seyffer ins Intelligenz-Blatt hatte setzen lassen, dass in den nächsten Tagen die Möglichkeit bestünde, sich von Herrn Reisser aus Wien "ablichten" zu lassen. Der Apotheker und Chemiker Carl Reisser gehörte zu den "reisenden" Daguerreotypisten; in Heilbronn logierte er im Gasthof zur Sonne, als "Atelier" diente ihm der Garten des Kunstgärtners Carl Höhing.

 

Der erste Heilbronner, der das Herstellen von Daguerreotypien und später auch von Fotografien zu seinem Beruf machte, war vermutlich Emil Orth. Am 14. Mai 1842 jedenfalls erschien im Intelligenz-Blatt seine Anzeige, dass er beabsichtige, bis zum Ende des Monats "Daguerrotyp-Bilder gegen billiges Honorar zu fertigen".

Emil Orth war damals 28 Jahre alt, er hatte in München Kunst studiert und war zunächst vor allem als Porträtmaler bekannt geworden. Im Laufe der nächsten Jahre erschienen hin und wieder kleine Anzeigen, die von seiner Tätigkeit als Daguerreotypist zeugen. Aber er warb auch weiterhin für seine gemalten Bilder, so hatte er im September 1848 "mehrere hier gefertigte Portraits in Oel zur Besichtigung eines verehrlichen Publikums aufgestellt" (Tagblatt S. 1017).

 

Seit 1844 boten auch die Gebrüder Haffner jeweils für einige Wochen im Jahr ihre Dienste als Daguerreotypisten an. Sie hatten sich offensichtlich auf das Anfertigen von Porträts spezialisiert und betonten, dass sie als Belichtungszeit nicht mehr als 8 bis 15 Sek. benötigten.

Alle drei Haffner-Brüder waren in Heilbronn geboren; als sie mit dem Daguerreotypieren begannen, waren sie zwischen 27 und 33 Jahre alt. Louis Haffner, der Älteste, hatte sich 1836 als Uhrmacher und "Mechanikus" selbständig gemacht, Heinrich und Carl waren beide Kunst- und Handelsgärtner. Heinrich scheint, was das Daguerreotypieren angeht, die treibende Kraft gewesen zu sein. 1843 hatte er die Gärtnerei Höhing erworben, die nun wieder (wie 1841) auch als "Atelier" diente. 1847 beispielsweise warb Heinrich Haffner im Intelligenz-Blatt nicht nur für sein vielfältiges Rosensortiment, sondern auch für seinen neuen "Apparat ... welcher sehr gelungene Lichtbilder liefert, und welche auch auf Verlagen mit Farben gemacht werden".

Im Dezember 1849 – und damit rund zehn Jahre nach Erfindung der Daguerreotypie – etablierte sich mit Hermann Autenrieth der dritte Daguerreotypist in Heilbronn. Hermann Autenrieth war zwar in Stuttgart geboren, sein Vater, Oberfinanzrat Johann Jakob Autenrieth, war jedoch seit 1808 Heilbronner Bürger ehrenhalber.

Im August 1846 hatte der damals 27-jährige Hermann Autenrieth in der Fleinerstraße eine Werkstatt mit Ladengeschäft für "mathematische, physikalische und optische Instrumente jeder Art" eröffnet. Am 11. Dezember 1849 zeigte er im Heilbronner Tagblatt an, dass er nun auch "vollständig zum Daguerreotypiren eingerichtet" sei. Zur selben Zeit warb der reisende Leopold Schmitt, der sich für kurze Zeit in Heilbronn aufhielt, für seine Daguerreotyp-Porträts, aus denen man sich Broschen anfertigen lassen konnte und die ein schönes Weihnachtsgeschenk darstellten.

Hermann Autenrieth gehörte zu den wenigen Geschäftsleuten, die das 1851 erschienene Heilbronner Adressbuch für eine Werbeanzeige nutzten: Demzufolge konnte er "Daguerreotyp-Bilder nach den neuesten Verbesserungen in den verschiedensten Größen" herstellen, Porträts von Einzelpersonen oder Gruppen sowie auch Aufnahmen von Landschaften und Gebäuden. 1851 allerdings war das Ende der Daguerreotypie bereits eingeläutet. Das folgende Adressbuch von 1855 enthält nun in seinem "Branchenverzeichnis" zwei Vertreter des neuen Berufsstandes des "Photographisten": es sind dies Heinrich Haffner und Emil Orth.