Dienstag, 15. Mai 1945

"Kaufmann Paul Meyle tritt als erster Stellvertreter von OB Emil Beutinger mit dem Titel 'Bürgermeister' in die Stadtverwaltung ein.

Eine heute am allgemeinen Anschlagbrett des Rathauses ausgehängte Liste Nr. 1 enthält 14 Namen von Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die wegen Mitgliedschaft in der NSDAP und politischer Betätigung im Dritten Reich entlassen worden sind, darunter Heinrich Gültig (ehemaliger OB), Hugo Kölle (ehemaliger zweiter BM), Stadtamtmann Wilhelm Schniepp (Leiter des städtischen Krankenhauses), Stadtamtmann Gustav Schempf (Leiter des Liegenschaftsamtes), Stadtamtmann Christian Mailänder (Stadtkasse), die Sekretärinnen des früheren OB u.a. Außerdem sind sämtliche Ratsherren ihrer Funktion enthoben.

Die zweite, ebenfalls heute veröffentlichte Liste enthält die Namen von weiteren zehn Personen, darunter verschiedene Bürgermeister im Landkreis Heilbronn.

Die städtische Arbeitsvermittlungsstelle ist in die Jugendherberge in der Schützenstraße 16 verlegt worden und bereits in Tätigkeit.

In der Prager Straße 64 ist von der amerikanischen Militärregierung die Passierscheinstelle eingerichtet worden.

Sieben Firmen dürfen mit Erlaubnis der amerikanischen Militärregierung ihren Betrieb wieder aufnehmen: die Nahrungsmittelfabrik C. H. Knorr AG, die Konservenfabriken Löwenwerke und Neckarring, Essigfabrik Wecker, Seifenfabrik Kraemer & Flammer, Ölfabrik Hagenbucher und die Zuckerfabrik AG. Vorübergehend darf auch die Gelatinefabrik Koepff & Söhne zur Aufarbeitung ihrer Rohstoffvorräte produzieren. Die Rosenaubrauerei setzt ihren Biervorrat ab. In der Clußschen Brauerei (zerstört) lagern noch 4.000 l Bier, die von der amerikanischen Militärregierung vorläufig beschlagnahmt sind.

Die Handels- und Gewerbebank Heilbronn AG ist von der amerikanischen Militärregierung dazu bestimmt worden, Anmeldungen, Erklärungen usw. gemäß den Militärverordnungen Nr. 52 (Vermögensbeschlagnahme) und Nr. 53 (Devisenbewirtschaftung) entgegenzunehmen.

Für den Großkreis Heilbronn stehen zur Zeit 8.000 t Roggenmehl zur Verfügung.

Der Konsumverein backt im Auftrag der amerikanischen Militärregierung für die deutschen Kriegsgefangenen täglich 14.000 Roggenbrote. Auch mehrere Bäckereien in Böckingen sind mit der Brotherstellung für das Lager beauftragt. Dort sollen sich ca. 60.000 Gefangene aufhalten."