Freitag, 6. Juli 1945

"Die erste Nummer des Amtsblattes (Amtliche Bekanntmachungen für die Stadt und den Landkreis) wird mit Genehmigung der amerikanischen Militärregierung in deutscher Sprache herausgegeben und auf der Straße zu 10 Rpf verkauft. Gedruckt wird das zweiseitige Blatt zunächst in der Ausweich-Druckerei des früheren Heilbronner Tagblattes in Großgartach, später – bis zur Wiederaufnahme des Betriebs in der Vereinsdruckerei – in der Druckerei Georg Kohl in Brackenheim. Es enthält Bekanntmachungen von OB und Landrat Emil Beutinger und Befehle der amerikanischen Militärregierung. Für die redaktionelle Betreuung sorgen der ehemalige Redakteur der im Dritten Reich aufgelösten Heilbronner Abend-Zeitung (Krämer-Verlag), Willy Dürr, und der frühere Geschäftsführer der 1933 aufgehobenen Vereinsdruckerei, Friedrich Knapper.

Die städtischen Ämter sind – sehr zerstreut – in folgenden Gebäuden untergebracht:

In der Cäcilienstraße 60 (Privathaus, Eigentümer: Emil Rothmann, Stuttgart-Vaihingen) im 1. Stock die Kanzlei von OB und Landrat Emil Beutinger mit Sekretariat und Personalamt, im Erdgeschoß die Baupolizei, im 2. Stock die Stadtkasse, die Stadtpflege, das Liegenschaftsamt, die Friedhofsverwaltung und das Stadtmessungsamt. Das Gebäude wird als Rathaus bezeichnet. Im Haus Cäcilienstraße 60 a das Kommando der Ordnungs- und Kriminalpolizei.

Im Privatgebäude Cäcilienstraße 62 (Eigentümer: Erbengemeinschaft Hermann Schmidt bzw. Inhaber der Musikalienhandlung C. F. Schmidt, Musikalienverleger und -händler Friedrich Dreher) ist von der Stadtverwaltung nur der 2. Stock mit dem Ernährungsamt B – Stadt belegt.

Im Privathaus Cäcilienstraße 64 (Eigentümerin: Witwe Anna Schmidt) im Erdgeschoß die Passierschein- und Kraftfahrzeugzulassungsstelle, im 1. Stock das Kriegsschädenamt und das Tiefbauamt, im 2. Stock das Hochbauamt.

In den städtischen Gebäuden Wilhelmstraße 7 das Wohnungsamt im Erdgeschoß, das Standesamt und das Steueramt im 1. Stock; in 7 a (Hinterhaus) die Gewerbepolizei (diese beiden Häuser gehörten bis 1934/35 den jüdischen Rechtsanwälten Max Rosengart – Ehrenbürger der Stadt – und dessen Sohn Dr. Lutz Rosengart, weshalb sie auch jetzt noch als das Rosengartsche Haus bezeichnet werden; infolge der nationalsozialistischen Arisierung jüdischen Grundbesitzes gingen beide Gebäude in Stadtbesitz über); in 9 a (Hinterhaus zum ausgebrannten Wilhelmsbau) das Wirtschaftsamt Heilbronn Stadt.

Die Räume der drei Polizeireviere befinden sich im Scherweg 6, in der Austraße (ehemals zu den Löwenwerken gehörig) und in Böckingen (Alleeschule), die vier Polizeiposten in der Beethovenstraße 34 (Privathaus), in der Schlizstraße 5 (Privathaus), sowie in den Rathäusern von Sontheim und Neckargartach.

In der Villa des in Niederösterreich ansässigen Holzhändlers Adolf Pfleiderer (Lerchenstraße 79) ist die Verwaltungspolizei (Einwohnermeldeamt, Fundbüro, Ausweise, Zeugnisse und Preisüberwachung) untergebracht.

Feuerwehr und Brandwache befinden sich an der Südstraße auf dem Gelände der Firma Seelig & Diller (Rückgebäude Wilhelmstraße 27/1).

Die dem Landratsamt unterstehenden Ämter sind folgendermaßen untergebracht:

Verwaltung und Gendarmerie in der Flammervilla (Dittmarstraße 68); Ernährungsamt A im Hinterhaus Wilhelmstraße 9 a, dort auch das Wirtschaftsamt Heilbronn Stadt; das Wirtschaftamt Heilbronn Land im Gebäude der Bäcker-Einkaufsgenossenschaft in der Schießhausstraße 10, daselbst auch das Ernährungsamt B – Land; das Kreisarbeitsamt in der Jugendherberge (Schützenstraße 16); die Kreispflege in der Villa des Studienrats Gustav Gußmann (Alexanderstraße 51); das Kreiswohlfahrtsamt in der Villa des Chemikers Dr. Christian Kelber (Alexanderstraße 62); die Fahrbereitschaft im Portierhaus der Seifenfabrik Kraemer & Flammer (Urbanstraße).

An staatlichen Ämtern befinden sich in der Villa der Kaufmannswitwe Eugenie Bauer (Alexanderstraße 61) das Gesundheitsamt; die diesem unterstehenden Rettungsstellen I und III in einem Gebäude der (früheren) Kaffeemittelfabrik Seelig & Diller (Wilhelmstraße 27) und im Bunker am Kaiser-Wilhelm-Platz; Finanzamt und Hauptzollamt im Wehrmachtsgebäude (Bismarckstraße 93).

Die amerikanische Militärregierung erinnert daran, daß die Sperrzeit von 21:30 – 5 Uhr eingehalten werden muß; Übertretungen werden bestraft. Für die öffentliche Sicherheit ist Hauptmann Ira D. Claxton verantwortlich.

Für die deutsche Polizei und Gendarmerie im Stadt- und Landkreis Heilbronn werden jetzt Waffenscheine vom amerikanischen Sicherheitsoffizier ausgestellt.

Die Elektrizitätsversorung der Stadt wird im wesentlichen von den unzerstört gebliebenen Wasserwerken Lauffen und Horkheim aufrechterhalten. Die intakten Häuser des Stadtgebietes haben fast durchweg Strom, ebenso die Landwirtschaft im Stadt- und Landkreis. Zum elektrischen Anschluß stehen im Stadtbezirk noch rund 250 Häuser an. Abgesehen von bevorzugt mit Strom belieferten Industriebetrieben im Norden der Stadt sind die Industrie- und Handelsbetriebe noch nicht ausreichend damit versehen.

Die Wasserversorgung in den nicht zerstörten Stadtteilen ist zumeist sichergestellt. Ansonsten stößt die Instandsetzung auf große Schwierigkeiten. Durch Befehl der Militärregierung ist die Bevölkerung zu sparsamstem Verbrauch aufgefordert, da die Wassernutzung durch die Gefangenen- und Ausländerlager den Mangel zusätzlich vergrößert. Das Trinkwasser darf nur in abgekochtem Zustand getrunken werden.

Das städtische Freibad in der Neckarhalde ist deutschen Zivilpersonen verboten; es steht ausschließlich der Besatzungstruppe zur Verfügung. Die deutsche Bevölkerung darf das Prießnitz-Bad im Köpfer und die Neckar-Badestelle an der Neckarhalde benutzen."