Freitag, 17. August 1945

"Auf Anordnung des Allierten Kontrollrates Einführung einer Meldepflicht bei den Arbeitsämtern für sämtliche deutschen Männer vom vollendeten 14.–65. Lebensjahr, Frauen vom vollendeten 16.–45. Lebensjahr und für alle Ausländer und Ausländerinnen (in gleicher Alterserfassung) aus den Gebieten der Achsenmächte und aus den neutralen Staaten sowie für die Staatenlosen.

Ungültigkeitserklärung aller seit 1933 gezogenen Baulinien. In einigen Stadtteilen sind bereits neue Baulinien festgelegt. Die Feststellungen vom 11. Juli an der Kreuzung Stuttgarter, Blücher-, Admiral-Spee- und Schmollerstraße und vom 13. Juli an der Richard-Wagner-Straße, am Radetzky- und Grillparzerweg werden von der Militärregierung genehmigt. Außerdem wird über das von der Paulinen-, Nord-, Pestalozzi-, Bleich- und Sichererstraße umschlossene Gebiet eine Bausperre verhängt.

OB Emil Beutinger macht auf die Dringlichkeit der Reparaturen an noch gebrauchsfähigen Gebäuden aufmerksam.

Die Anträge von Handels- und Gewerbebetrieben um Erlaubnis der Wieder- bzw. Neueröffnung beim Bürgermeister- bzw. Landratsamt nehmen zu. Ohne Genehmigung des OB und Landrats darf keine Neueröffnung erfolgen.

Abermaliger Aufruf des Staatlichen Gesundheitsamtes an die Bevölkerung Heilbronns, Maßnahmen zur Verhinderung von Seuchen, wie Typhus, Ruhr, Kinderlähmung, zu unterstützen. Die sanitären Zustände sind infolge der Zerstörung der Stadt katastrophal.

Für den Krankentransport innerhalb des Landkreises Heilbronn stehen wieder mehrere Krankenwagen zur Verfügung.

In Abänderung der diesbezüglichen Bekanntmachung vom 10. August werden für die Abgabe von Seifen und Waschmitteln keine Seifenkarten ausgegeben, sondern sie werden für die 78. und 79. Zuteilungsperiode auf besonders aufgerufene Abschnitte der Lebensmittelkarten abgegeben.

Werdende und stillende Mütter erhalten Lebensmittelzulagen, erstere vom dritten Monat an.

Ab heute ertönt täglich um 22:25 Uhr die Luftschutzsirene zum Zeichen des unmittelbar bevorstehenden Eintritts der nächtlichen Ausgangssperre, die weiterhin von 22:30–5 Uhr dauert.

Eine gute und reiche Ernte wird im Unterland bei günstigem Wetter eingebracht. Nach dem Appell von OB Emil Beutinger an die Bevölkerung konnten durch das Kreisarbeitsamt aus der Stadt 468 männliche und 186 weibliche Arbeitskräfte zu den Erntearbeiten vermittelt werden; dazu kamen noch entlassene Soldaten, die sich zur Verfügung stellten, und dank dem Entgegenkommen der Militäregierung 350 für diesen Zweck vorzeitig in Freiheit gesetzte Kriegsgefangene.

Die beiden Versicherungen Deutscher Herold, Volks- und Lebensversicherungs AG und Süddeutscher Krankenversicherungs-Verein a.G. haben in Böckingen Notbüros in der Weststraße bei Adolf Kettinger eingerichtet.

Die Engel-Apotheke, Dr. Ewald Matthes, die am 4. Dezember 1944 in der Kaiserstraße 13/15 zerstört worden ist, eröffnet neu in der Urbanstraße 7 (städtisches Gebäude).

Seit die amerikanische Militärregierung in der Nacht zum 8. August die bisher geduldete Beförderung der reisenden Bevölkerung auf Güterzügen in der amerikanischen Zone verboten hat, stauen sich an den Ausgangsstraßen und -plätzen der Stadt Männer, Frauen und Kinder mit Gepäck in Erwartung von Lastautos, die sie ein Stück mitnehmen. Am Hindenburgplatz kann man täglich 200–300 solcher Wandernden zählen. Viele von ihnen kommen am selben Tag nicht weiter und müssen mit ihren Kindern im Freien übernachten. Die gleichen Verhältnisse herrschen am Bahnhofsplatz und an der Kreuzung der Paul-Göbel-Straße am Karlstor. Derzeit kommen bei strömendem Regen über 500 Menschen nicht weiter. Teilweise können sie in den Rettungsstellen des Roten Kreuzes unterkommen, zum Teil suchen sie in den Untergeschossen und Kellern von Häuserruinen Unterschlupf. Das Rote Kreuz und die Gaststätte Royal sorgen im bescheidenen Rahmen der gegenwärtigen Verpflegungsmöglichkeiten für Suppen, Eintopfgerichte und Brot, um den hungernden, frierenden und durchnäßten Menschen wenigstens ein wenig zu helfen. Es handelt sich hauptsächlich um Evakuierte, die aus ihren bisherigen Unterkunftsorten (Allgäu, Schwarzwald, Bayern) in die Ungewißheit ihrer zerstörten Heimatstädte zurückstreben. Den größeren Teil stellen Rheinländer, Westfalen und Mitteldeutsche dar.

Die Verbraucherhöchstpreise für Speise- und Frühkartoffeln werden jetzt einheitlich festgelegt, und zwar für pro 500 g auf 7 Rpf. Die Einteilung in Größenklassen wird fallengelassen."