Flugblatt der württembergischen Regierung gegen den vom Spartakus geforderten Generalstreik, April 1919

Transkription

 

Württemberger!

Wagt es keiner, diesen schamlosen Verleumdern die Wahrheit zu sagen.

Hergelaufenes Gesindel schimpft Eure Brüder im Stahlhelm

Bluthunde, Räuber, Lustmörder!

Spartakus*) schreit:

"Eine vertierte Soldateska, verhetzt von Bourgeoissprößlingen**), geführt von verkleideten Studenten und Offizieren, lechzt nach Proletarierblut."

Die Wahrheit ist:

Fanatiker, die sich um das Wohl der Gesamtheit einen Dreck kümmern, mißbrauchen Eure Solidarität und erzwingen den Generalstreik mit ihren Helfershelfern. In Berlin und anderswo wurde ihnen der Boden zu heiß. Bei den Schwaben glaubten sie auf ihre Rechnung zu kommen und wollen im Trüben fischen. Sie tun ganz harmlos und wollen euch beglücken mit russischen Zuständen. Diese sind aber danach! "Rußland hungert!" sagt Trotzki***), und der muß es doch wissen.

Das ist dem Spartakus gleich!

Mögen die Stuttgarter hungern!

Mögen auf dem Güterbahnhof die Fische verfaulen!

Mögen die kleinen Kinder nach Milch wimmern!

Mag ganz Württemberg ohne Zufuhr bleiben!

Spartakus schreit:

"Es wird weitergestreikt!"

Spartakus verspricht Euch goldene Berge. Über die Köpfe Eurer Führer hinweg will er die Führung an sich reißen.

Lasst ihn erst einmal Herr sein! Dann fällt die Maske!

Dann werden Euch aber die Augen übergehen von all dem Elend!

Anmerkungen:

*) Spartakus: Linker, kommunistischer Flügel der USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei), die sich 1917 von der SPD abgespalten hatte

**) Bourgeoissprösslinge: Söhne und Töchter des Bürgertums (Bourgeoisie)

***) Trotzki: Führender russischer Revolutionär


Quelle des Flugblatts: Stadtarchiv Heilbronn E002–310

 

Arbeitsanregungen

  1. Arbeiten Sie aus dem Text heraus, wie die Regierung zu der Forderung des Spartakusbundes nach einem Generalstreik steht.
  2. Wie werden die Führer des Spartakus beschrieben?
  3. Diskutieren Sie Sprache und Aufmachung des Flugblattes!