Monatsberichte der Pfadfinderabteilung des CVJM an die zum Kriegsdienst eingezogenen Mitglieder

"Pfadfinder-Abteilung CVJM Heilbronn a.N., Allerheiligenstraße 17, Jugendheim
Rundschreiben

Heilbronn, 1. Mai 1916

Ein freudiges "Grüß Gott" und ein kräftiges "Allzeit Bereit" Dir und unseren lieben Gesinnungsgenossen in West und Ost, denen allen dieses unser "Rundschreiben" gilt!

Es solle herzliche Grüße sein, die wir Dir aus der Heimat senden, die Dir zeigen sollen, dass Du nicht vergessen bist von Deinen Pfadfinderkameraden. Mit einzelnen unter ihnen im Feld, in Garnison oder zu Hause, bist Du wohl noch in reger Verbindung gewesen, aber es ist lange her, dass Du etwas von der Abteilung als solcher gelesen und gehört hast.

Dies soll heute nachgeholt und in Zukunft so gut als möglich durchgeführt werden. Wir sind hier in Heilbronn nur noch ganz wenige, die noch nicht des Königs Rock anhaben, aber alle warten darauf und wollen denen, die draußen sind und schon draußen waren, seiner Zeit nicht nachstehen. [...]"


"Pfadfinder-Abteilung CVJM Heilbronn a.N., Allerheiligenstraße 17, Jugendheim
Bericht Nr. 26, August - Dezember 1918

Heilbronn, den 7. Dezember 1918

Trauer kam erneut wieder über unsere Abteilung. Unser lieber Freund Theodor Seid starb am 2. November den Heldentod für sein geliebtes Vaterland und liegt nun mit all unseren anderen gefallenen Freunden der Abteilung in Feindesland begraben. [...]

Seit unser letzter Bericht hinausgegangen ist, hat sich Vieles und Schwerwiegendes ereignet. Vieles ist zusammengebrochen und die Trümmer haben so manche Hoffnung unter sich begraben. Eine neue Zeit ist angebrochen, ob sie aber glücklicher wird, wissen wir nicht. Wir hoffen wie immer das Beste für unsere eigenen Zukunft, für unser Volk und Vaterland und auch für unsere Abteilung. Wir wollen nicht den Kopf hängen lassen, nein wir wollen uns auch freuen über das Gute und Schöne, das uns diese Zeit trotz allem Schweren gebracht hat und noch bringen wird. Da ist fürs erste einmal der Krieg, welcher uns so manchen lieben Freund genommen, zuletzt noch unseren lieben Theodor Seid, der ist zu Ende gegangen und um des beendigten Blutvergießens willen sagen wir: Gott sei Dank!- Das zweite ist, unsere lieben alten Freunde, die draußen gelitten und gestritten haben und die Leben und Gesundheit erhalten durften, die kehren zurück in die Heimat. [...]

Nach den 4 schweren Kriegsjahren muss in unserer Abteilung nun eine neue Zeit des Aufbauens und tätiger ersprießlicher Arbeit einsetzen. Neben dem rein Pfadfindermäßigen müssen wir Volksfragen behandeln, uns aufklären über Forderungen der geistigen und seelischen Gesundheit. Nicht beiseite stehen wollen wir im Kampf der Meinungen und Fragen, sondern mit frischem Mut an dieselben herangehen. Aber nicht nur in völkisch-kulturellen-sozialen Fragen unterrichtet sein wollen wir, wir wollen lernen, sozial zu leben, uns unterzuordnen mit unseren Trieben, Neigungen und Wünschen unter die Forderungen, die das Volk, die Allgemeinheit stellt, dass wir Persönlichkeiten werden, die etwas Eigenes, Wertvolles in ihrem Leben mit sich tragen und nicht im großen Haufen laufen, darauf kommt es entscheidend an.

Vorwärts denn! Vorwärts Kameraden, vorwärts in die Schlacht!
Neues großes Ahnen, neues Frührot tagt!
Mit treudeutschem Gruß und herzlichem Allzeit Bereit!

Joerg"

(Stadtarchiv Heilbronn E010-52)

 

Arbeitsanregungen

  • Informiert euch über die Kriegsereignisse der Abfassungszeit beider Berichte.
  • Vergleicht Inhalt und Stil des ersten und des letzten Berichts der Pfadfinder des Heilbronner CVJM. Was fällt euch dabei auf?