Mitteilungen der Staatsregierung

Amtlicher Bericht über die Vorgänge in Groß-Stuttgart

Nr. 3 Ausgegeben Freitag 4. April 1919, abends 8 Uhr

3. April abends Kampf gegen etwa 400 Spartakisten, die sich auf der Berghöhe zwischen Gaisburg und Wangen festgesetzt, dort Schützengräben ausgehoben und acht bis zehn Maschinengewehre aufgestellt hatten; ihre Stützpunkte an den Hängen wurden mit Artilleriefeuer belegt. Auf der Ulmer Straße Gaisburg-Wangen lag starkes Feuer der Spartakisten*), bei dem ein Kind getötet und ein zweites sowie ein Posten der Sicherheitskompagnie schwer verwundet wurden. Ein Waffenlager im Waldheim bei Wangen, in dem auch Maschinengewehre waren, wurde ausgehoben. Die Schützengräben bei Wangen hat schon der Regen der Nacht von den Spartakisten gesäubert.

7.30 Uhr abends fielen Schüsse aus den Häusern beim Wilhelmsbau gegen die dort aufgestellten Sicherheitskompagnieposten, bei dem sich hieraus entwickelnden Gewehrfeuer wurden zwei Einwohner, die sich trotz der wiederholten Warnungen auf der Straße aufgehalten hatten, tödlich getroffen.

Nach den uns zugegangenen Mitteilungen wird im Lande, außer in Stuttgart, Böblingen, Esslingen und Nürtingen, überall gearbeitet. Versuche der Spartakisten, in Ulm Generalstreik zu inszenieren, scheiterten.

Der Vorort Wangen wird heute nach Waffen durchsucht.

Bis jetzt sind 16 Tote, darunter zwei Angehörige der Regierungstruppen, gemeldet. Verwundet sind 41 Personen.

Das außerordentliche Kriegsgericht hat seit gestern seine Tätigkeit aufgenommen und in mehreren Fällen schwere Strafen ausgesprochen.

Die Regierung hat beschlossen, daß diejenigen Personen der staatlichen Betriebe, die gegen den Willen der Regierung in den Streik getreten sind, für die Streiktage keine Bezahlung erhalten.

Milch

Milch wird heute an Kinder bis zu sechs Jahren und Personen über 70 Jahre (Buchstabe A, B und C der Kundenliste) sowie an Inhaber von Krankenkarten und an Krankenanstalten abgegeben. Andere Personen haben keinen Anspruch auf Milch.

Milchversorgung

Anmerkungen:

*) Spartakisten: Linker, kommunistischer Flügel der USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands), die sich 1917 von der SPD abgespalten hatte und sich 1919 der neu gegründeten KPD anschloss.

Quelle des Flugblatts: Stadtarchiv Heilbronn E002-306