Wie die Reformation in Heilbronn durchgesetzt wurde
"... haben wir eine neue Ordnung nach dem Winkelmaß seines göttlichen Wortes aufgerichtet" - mit dieser aus der Sprache der Bauleute entlehnten Formulierung beschreibt Lachmann in seiner Rechtfertigungsschrift für den Augsburger Reichstag 1530 (B 3) die Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse in Heilbronn. Deshalb liegt es nahe zu fragen, wie die alte Ordnung ausgesehen hat und welche Faktoren zu ihrem "Einsturz" geführt haben. Die nebenstehende Skizze kann zur Verdeutlichung des komplexen Geschehens herangezogen werden. Bei den einzelnen Ziffern werden Zusatzinformationen angeboten und auf die entsprechenden Dokumente verwiesen.
Zu 1: Der Bischof von Würzburg war Kirchenherr in Heilbronn; in seinem Auftrag versahen ca. 20 Priester (Kaplane und Vikare) die kirchlichen Dienste in den Heilbronner Kirchen, vor allem in der Kilianskirche (vgl. C 3).
Zu 2: Für die Glaubensverhältnisse vor der Reformation gibt es unterschiedliche und widersprüchliche Zeugnisse: einerseits verstärkte Frömmigkeit und Glaubensübungen (vgl. C 4), andererseits Kritik an der damaligen Amtskirche und Aufgeschlossenheit für neue Glaubensverkündungen (vgl. C 5 und C 7).
Zu 3: Lachmann war seit 1514 Pfarrverweser in Heilbronn, seit 1521 übte er auch das Predigeramt aus, das vom Rat der Stadt besetzt wurde und ihm eine Sonderstellung zuwies (vgl. C 1+ C 2). "In dem vom Kirchenherrn unabhängigen Predigeramt näherte sich Lachmann rasch der lutherischen Lehre, seine Predigten fanden großen Zulauf." [Schrenk/Weckbach/Schösser: Von Helibrunna nach Heilbronn. Eine Stadtgeschichte. Stuttgart 1998, S. 71]
Zu 4: Bürgermeister Riesser (seit 1528) steht für die politischen Kräfte in Heilbronn, die für die politische Durchsetzung der Reformation verantwortlich waren und den Anschluss der Stadt an die anderen protestantischen (lutherischen) Reichsstände bewirkten (vgl. B 4, 6-8).
Wenn die kirchliche Situation vorgestellt und die Kräfteverhältnisse angedeutet wurden, kann die Frage erörtert werden, welche Personen und welche internen und externen Faktoren zum "Umsturz" in Heilbronn beigetragen haben.
Wichtig ist die Erkenntnis, dass es sich um einen langwierigen Prozess handelt, nicht um einen einmaligen Rechtsakt oder Ratsbeschluss. Besonders hervorzuheben ist die Beteiligung der Bürgerschaft (B 4 und B 8), eine frühe Form der Mitbestimmung mündiger Bürger und Christen.