Heilbronner Einblicke - Jüdisches Leben in Heilbronn

Zurück

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Heilbronner Einblicke" zeigte das Stadtarchiv Heilbronn im Sommer 2009 Dokumente, Schriftstücke und Bücher zum Thema "Jüdisches Leben in Heilbronn“:

Das Rote Album

Das von einem Anhänger der NSDAP angelegte Fotoalbum dokumentiert die Heilbronner Ereignisse der Machtergreifung, beginnend mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler. Die in der Ausstellung gezeigten Fotos dokumentierten die Boykott-Aktion vom 1. April 1933: Der von der NSDAP gesteuerte deutschlandweite Boykott jüdischer Geschäftsleute, Rechtsanwälte und Ärzte fand auch in Heilbronn statt. SS- und SA-Leute postierten sich mit Transparenten vor Geschäften, Anwaltskanzleien und Arztpraxen. So sollte auch die Heilbronner Bevölkerung davon abgehalten werden, in jüdischen Geschäften einzukaufen.

Synagogen

Als Beispiel diente das Projekt für den Bau einer Synagoge für Horkheim im Bereich der heutigen Schlossgasse (1859), das nicht realisiert wurde. Gezeigt wurde ein Kreditvertrag zwischen dem Handelsmann Macholl und dem Metzger Mändle. 1872 wurde Macholl aus dem Vertrag entlassen, da er zwischenzeitlich nach Heilbronn verzogen war. Als Bürgen für den Kredit unterzeichneten für die jüdische Gemeinde in Horkheim: 1. Samuel Mayer, 2. Löb Mayers Witwe, 3. Mayer Mayer, 4. Leopold Mayer, 5. Kusel Kahn, 6. Löb Kahn, 7. Samuel Mändle und 8. Isack Mayer.

Nachtrag 10.1.2023: In der Veranstaltungsreihe "Heilbronner Einblicke" von 2009 und im Text oben wurde irrtümicherweise behauptet, dass die Synagogenbaupläne von 1859 ein nicht realisiertes Projekt darstellten. Tatsächlich wurde die Synagoge 1859 erbaut. Das Gebäude steht bis heute in Horkheim, es ist das Haus in der Schlossgasse 5. Im Bauplan von 1859 wird zudem das Vorgegängergebäude lokalisiert ("alte Sinagoge"), das dem neuen Gebäude weichen musste. Die Horkheimer Synagoge wurde bis ca. Ende des 19. Jahrhunderts als solche benutzt, danach als Wohnhaus. (Vgl. Martin Schüz, Schloss Horkheim und seine Bewohner im 17. und 18. Jahrhundert, in: heilbronnica 6, Beiträge zur Stadt- und Regionalgeschichte, hg. v. Christhard Schrenk/Peter Wanner (Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Heilbronn 22) Heilbronn 2016, S. 121-168).

Eindrückliche Exponate sind Fragmente aus einem der Fenster der Heilbronner Synagoge, die in der Reichspogromnacht am frühen Morgen des 10. November 1938 in Brand gesteckt wurde (sie werden aktuell in der Ausstellung "Heilbronn historisch!" gezeigt.

Alltagsleben

Das Gesetz vom 8. Mai 1828 „in Betreff der öffentlichen Verhältnisse der israelitischen Glaubens-Genossen“ leitete die Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung in Württemberg ein.

Beispiele aus dem sich daraufhin wandelnden Alltag sind etwa das israelitisches Ritualbad, das in das im Oktober 1892 eröffnete Heilbronner Stadtbad aufgenommen wurde (bei den Wannenbädern im ersten Stock) oder die Vereinsmitgliedschaften jüdischer Bürger - so waren unter den Ehrenmitgliedern des VfR 1896 e.V. auch Ludwig und Theodor Landauer, die Inhaber der Kognakbrennerei und Fabrik feiner Spirituosen Landauer & Macholl (aus der Festschrift von 1921).

Das Turnier, das die Hockey-Abteilung des VfR am 23. Oktober 1932 veranstaltete, hatte ein „unerwünschtes Zwischenspiel“. Den Einladungen war – ohne Wissen des Vereins – ein Flugblatt des NS-Kuriers beigelegt worden. Die VfR-Leitung stellte daraufhin Strafantrag wegen „Mißbrauch[s] des Vereinsnamens“, worauf das Heilbronner Tagblatt wieder einmal gegen den Verein und die liberale Neckar-Zeitung zu Felde zog.